28 Die Struktur der magischen Weltanschauung
mehr als ein bloßes Mittel einzelne Güter zu gewinnen: der
Hauptakzent muß vielmehr auf ihre ordnende und das Welt-
geschehen lenkende Rolle gelegt werden, auf ihre regulative
Funktion in dem kosmischen Gefüge. „Das ganze Universum
richtet sich nach dem Opfer" erklärt das Bat. Br. III, 6, 3, 1
und damit ist zugleich der höhere, sublimierte Sinn und Zweck
des Opfers angedeutet: das normale Funktionieren
der kosmischen Gesetze zu sichern und das
Ideal der' magischen Harmonie zu verwirk-
lichen. Die Welt ist eine „Ganzheit", aber die Ganzheit
ist gespalten; es gibt neben der magischen Ratio das
Irrationale, neben dem Gesetz den Zufall, neben den Devas
die Asuras. So z. B. ist die volle Lebensdauer, das summum
bonum des irdischen Daseins, zugleich die Norm: daß der
Mensch hundert Jahre lebt, ist das Gesetz; daß er früher stirbt
ist die Durchbrechung der Ordnung, das „was nicht sein sollte"
— das „Unglück". Dämonische Mächte lauern umher und
bedrohen die Ordnung. Das primitive Zauberwesen gibt dem
Menschen die Mittel in die Hand feindliche Anschläge abzu-
wehren, die Methoden, mit denen der Zauberer auf dieser Stufe
arbeitet, sind jedoch kasuistisch, es fehlt ihnen das „System"
und die „Synthese". Die „höhere Magie" der Brähmanas
erfaßt das Wesen und die Kausalität des Geschehens tiefer
und prinzipieller, ihre Techniken sind auf das Ganze, auf das
Allgemeine gerichtet: auf die Sicherstellung des menschlichen
Glückes im Rahmen der Weltordnung, auf die Erfüllung des
geheiligten Gesetzes. Das Opfer spiegelt die kosmische Ord-
nung wieder und umgekehrt: durch das Opfer „ordnet" der
Priester aktiv die Welt. In den Ausdrücken klpti, sänti und
pratisthä, die wir bereits besprochen haben, vor allem aber
in der Verwendung der Verba kalpayati und anukalpayati
kommt dieser Gedanke deutlich zum Ausdruck. So z. B. Ait.
Br. II, 3, 1: devavisah kalpayitavyä ity ahus. täh kalpamänä
anu manusyavisah kalpanta iti sarvä visah kalpanti, kalpati
yajno ..kalpate yatra evam vidvan hotä
bhavati. Ähnlich ibidem III, 4, 3, wo es von der ätithya-
Spende heißt: navakapälo bhavati, nava vai pränäh, pränänäm
klptyai, pränänäm pratiprajnätyai. Dabei muß mit allem
mehr als ein bloßes Mittel einzelne Güter zu gewinnen: der
Hauptakzent muß vielmehr auf ihre ordnende und das Welt-
geschehen lenkende Rolle gelegt werden, auf ihre regulative
Funktion in dem kosmischen Gefüge. „Das ganze Universum
richtet sich nach dem Opfer" erklärt das Bat. Br. III, 6, 3, 1
und damit ist zugleich der höhere, sublimierte Sinn und Zweck
des Opfers angedeutet: das normale Funktionieren
der kosmischen Gesetze zu sichern und das
Ideal der' magischen Harmonie zu verwirk-
lichen. Die Welt ist eine „Ganzheit", aber die Ganzheit
ist gespalten; es gibt neben der magischen Ratio das
Irrationale, neben dem Gesetz den Zufall, neben den Devas
die Asuras. So z. B. ist die volle Lebensdauer, das summum
bonum des irdischen Daseins, zugleich die Norm: daß der
Mensch hundert Jahre lebt, ist das Gesetz; daß er früher stirbt
ist die Durchbrechung der Ordnung, das „was nicht sein sollte"
— das „Unglück". Dämonische Mächte lauern umher und
bedrohen die Ordnung. Das primitive Zauberwesen gibt dem
Menschen die Mittel in die Hand feindliche Anschläge abzu-
wehren, die Methoden, mit denen der Zauberer auf dieser Stufe
arbeitet, sind jedoch kasuistisch, es fehlt ihnen das „System"
und die „Synthese". Die „höhere Magie" der Brähmanas
erfaßt das Wesen und die Kausalität des Geschehens tiefer
und prinzipieller, ihre Techniken sind auf das Ganze, auf das
Allgemeine gerichtet: auf die Sicherstellung des menschlichen
Glückes im Rahmen der Weltordnung, auf die Erfüllung des
geheiligten Gesetzes. Das Opfer spiegelt die kosmische Ord-
nung wieder und umgekehrt: durch das Opfer „ordnet" der
Priester aktiv die Welt. In den Ausdrücken klpti, sänti und
pratisthä, die wir bereits besprochen haben, vor allem aber
in der Verwendung der Verba kalpayati und anukalpayati
kommt dieser Gedanke deutlich zum Ausdruck. So z. B. Ait.
Br. II, 3, 1: devavisah kalpayitavyä ity ahus. täh kalpamänä
anu manusyavisah kalpanta iti sarvä visah kalpanti, kalpati
yajno ..kalpate yatra evam vidvan hotä
bhavati. Ähnlich ibidem III, 4, 3, wo es von der ätithya-
Spende heißt: navakapälo bhavati, nava vai pränäh, pränänäm
klptyai, pränänäm pratiprajnätyai. Dabei muß mit allem