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Mit diesem Wenigen muss ich das Sündenregister beschliessen. Wie
schon für die ersten Zeiten Lothars eine Fülle guter Nachrichten, nur mit
jenen Irrthümern verbunden, so finden sich auch ferner die besten, jetzt von
jedem Irrthum freien Berichte.1 Man erkennt überall den Zeitgenossen.2
Die Beschreibung des heldenmüthigen Zuges durch die veroneser Klausen
entwirft ein Augenzeuge, sei er nun'der Schreiber selbst oder dessen Ge-
währsmann. 3
Die Frage ist, ob das Werk einen oder mehrere Verfasser habe. Da
könnte man geneigt sein, an jene Irrthümer anzuknüpfen, könnte ihnen eine
grössere Bedeutung beilegen, und darum einen Abschnitt machend, die bei-
den Theile verschiedenen Verfassern zuschreiben.
Offenbar müssto Anderes zur Bestätigung hinzukommen. Denn wollte
man auch den Abschnitt gelten lassen, — auch der Eine Verfasser kann
ja die Feder für eine längere Zeit niedergelegt haben und, als er sie später
wiederaufnahm, von seinem Gedächtnisse betrogen sein. Doch die Bestäti-
gung scheint sich zu finden: zunächst erhalten wir eine Menge hildeshei-
mer Kachrichten; nach dem ßegierungsantritte Bruninchs lässt sich mit
Sicherheit nur noch die Erhebung des heiligen Godehard beanspruchen.
Das aber war ein epochemachendes Ereigniss: die betreffende Kotiz kann
keineswegs beweisen, dass der Verfasser in persönlicher Theilnahme den
hildesheimor Vorgängen folgt. Wesshalb also finden sich vordem so viele,
nun keine hildesheimer Kachrichten? Die Bischöfe haben doch nach wie
vor gewechselt; über die Entsetzung Bruninchs ist viel gesprochen und vor-
handelt.4 Muss man nicht folgern, der frühere Schreiber hatte ein per-
sönliches Interesse für Hildesheim, das dem jetzigen Schreiber fehlt?5
Der Schluss wäre voreilig. Denn offenbar kann man auch annehmen:
Vordem lobte im Kloster eine angesehene Person, die für Hildesheim ihr
1) Auszunehmen ist eine Nachricht zu 1135, wo Böhmen mit Polen verwech-
selt wird und das betreffende Ereigniss zu einem unrichtigen Hoftage gesetzt wird.
2) Wenn S. hei Gelegenheit der Erhebung st. Godehards sagt, dass an des-
sen Grabe hactenus plurima sanitatum dona praestantur, so ist darauf kein
Gegenbeweis zu stützen, denn wie C. zeigt, hat S. hactenus eingeschoben. Auch
das memorantur zu 1130 ist ohne Belang, es ist dabei nicht eine Auffrischung
des Gedächtnisses gemeint: der Verfasser beruft sich einfach, wie in dem aiebaut
zu 1122 und 28, auf die Erzählung Anderer.
8) Dass niemals auf spätere Ereignisse vorwiesen wird, brauche ich wohl
kaum zu bemerken. Freilich wäre es nach Platners Uebersetsung der kölner An-
nalen 86 doch der Fall. Da heisst Herzog Koniad zum Jahre 1185: »der spätere
König«; aber Platner missverstellt das aliquando regii nominis; das heisst doch:
der einst den königlichen Namen getragen, ihn sich angemasst hatte.
4) Vgl. die Briefe bei Jaffe Bibl. rer. Germ. 8,389. Sudendorf Bogistrum 8,51.
5) Allerdings bieten S. und P. weitere Nachrichten über Hiklosheim; aber in
S. erkennt man wenigstens an einer Stelle, dass ein hildesheimer Bischofskatalog
benutzt ist, — vgl. meine Anmerkg. zu 1115 — und die ausführlichen Nachrich-
ten über Hildesheini, die P. zu 1134 enthält, — sie zeigen doch wohl, dass ihm
ausser den Annalen ein zweites hildesheimer Werk vorlag. Auch würde ich nicht
verstehen, wie C. , bisher keine hildesheimer Nachricht übergehend; nun plötzlich
Alles, was Hildesheim betrifft, bei Seite gelassen hätte; vielmehr muss ich an-
nehmen, dass C. hierin dem Originale entspricht. Uober H. vgl. Seite 5.
Mit diesem Wenigen muss ich das Sündenregister beschliessen. Wie
schon für die ersten Zeiten Lothars eine Fülle guter Nachrichten, nur mit
jenen Irrthümern verbunden, so finden sich auch ferner die besten, jetzt von
jedem Irrthum freien Berichte.1 Man erkennt überall den Zeitgenossen.2
Die Beschreibung des heldenmüthigen Zuges durch die veroneser Klausen
entwirft ein Augenzeuge, sei er nun'der Schreiber selbst oder dessen Ge-
währsmann. 3
Die Frage ist, ob das Werk einen oder mehrere Verfasser habe. Da
könnte man geneigt sein, an jene Irrthümer anzuknüpfen, könnte ihnen eine
grössere Bedeutung beilegen, und darum einen Abschnitt machend, die bei-
den Theile verschiedenen Verfassern zuschreiben.
Offenbar müssto Anderes zur Bestätigung hinzukommen. Denn wollte
man auch den Abschnitt gelten lassen, — auch der Eine Verfasser kann
ja die Feder für eine längere Zeit niedergelegt haben und, als er sie später
wiederaufnahm, von seinem Gedächtnisse betrogen sein. Doch die Bestäti-
gung scheint sich zu finden: zunächst erhalten wir eine Menge hildeshei-
mer Kachrichten; nach dem ßegierungsantritte Bruninchs lässt sich mit
Sicherheit nur noch die Erhebung des heiligen Godehard beanspruchen.
Das aber war ein epochemachendes Ereigniss: die betreffende Kotiz kann
keineswegs beweisen, dass der Verfasser in persönlicher Theilnahme den
hildesheimor Vorgängen folgt. Wesshalb also finden sich vordem so viele,
nun keine hildesheimer Kachrichten? Die Bischöfe haben doch nach wie
vor gewechselt; über die Entsetzung Bruninchs ist viel gesprochen und vor-
handelt.4 Muss man nicht folgern, der frühere Schreiber hatte ein per-
sönliches Interesse für Hildesheim, das dem jetzigen Schreiber fehlt?5
Der Schluss wäre voreilig. Denn offenbar kann man auch annehmen:
Vordem lobte im Kloster eine angesehene Person, die für Hildesheim ihr
1) Auszunehmen ist eine Nachricht zu 1135, wo Böhmen mit Polen verwech-
selt wird und das betreffende Ereigniss zu einem unrichtigen Hoftage gesetzt wird.
2) Wenn S. hei Gelegenheit der Erhebung st. Godehards sagt, dass an des-
sen Grabe hactenus plurima sanitatum dona praestantur, so ist darauf kein
Gegenbeweis zu stützen, denn wie C. zeigt, hat S. hactenus eingeschoben. Auch
das memorantur zu 1130 ist ohne Belang, es ist dabei nicht eine Auffrischung
des Gedächtnisses gemeint: der Verfasser beruft sich einfach, wie in dem aiebaut
zu 1122 und 28, auf die Erzählung Anderer.
8) Dass niemals auf spätere Ereignisse vorwiesen wird, brauche ich wohl
kaum zu bemerken. Freilich wäre es nach Platners Uebersetsung der kölner An-
nalen 86 doch der Fall. Da heisst Herzog Koniad zum Jahre 1185: »der spätere
König«; aber Platner missverstellt das aliquando regii nominis; das heisst doch:
der einst den königlichen Namen getragen, ihn sich angemasst hatte.
4) Vgl. die Briefe bei Jaffe Bibl. rer. Germ. 8,389. Sudendorf Bogistrum 8,51.
5) Allerdings bieten S. und P. weitere Nachrichten über Hiklosheim; aber in
S. erkennt man wenigstens an einer Stelle, dass ein hildesheimer Bischofskatalog
benutzt ist, — vgl. meine Anmerkg. zu 1115 — und die ausführlichen Nachrich-
ten über Hildesheini, die P. zu 1134 enthält, — sie zeigen doch wohl, dass ihm
ausser den Annalen ein zweites hildesheimer Werk vorlag. Auch würde ich nicht
verstehen, wie C. , bisher keine hildesheimer Nachricht übergehend; nun plötzlich
Alles, was Hildesheim betrifft, bei Seite gelassen hätte; vielmehr muss ich an-
nehmen, dass C. hierin dem Originale entspricht. Uober H. vgl. Seite 5.