Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
15 —

Und gleich darauf: »Aber unzählige solcher (poetischen)
Sachen von sich sandte er an die Marquise von Pescara,
die ihm darauf Antwort gab in Vers und Prosa. Denn
Michelangelo war verliebt in ihre Vorzüge (»virtü«), sowie
die Dame in die seinigen. Sie kam auch oft von Viterbo
nach Rom, ihn zu besuchen1).« Michelangelo verfertigte
für die Marquise, wie Vasari sodann angiebt, eine Anzahl
Zeichnungen religiösen Inhalts.
Die Dichtkunst vermittelte hier also für Michelangelo
eine Bekanntschaft, die eine wesentlich poetische Correspon-
denz weiterhin rege erhielt.
Die edle Marquise war bei der ersten Begegnung
nicht mehr jung, aber hochvornehm (eine Colonna!) und
die gefeierteste religiöse Dichterin der Zeit. Den Reiz,
der für Michelangelo in dieser Beziehung lag, mussten also
namentlich die letzten beiden Eigenschaften der hohen
Frau gebildet haben. Denn das Wort »virtü« ist, wie im
Lateinischen schon, vieldeutig; der Italiener meint damit
nicht nur moralische Vollkommenheit. Diese ist hier Voraus-
setzung. Näher liegt es, an die dichterischen »Vorzüge2)«
der Marquise (in die Michelangelo verliebt genannt wird)
zuerst zu denken. Das eigenartige Verhältniss Michelangelos
zu der edlen Dame indess kann nur ein besonderes Kapitel
beleuchten. Hier ist es jedoch wichtig, schon zu betonen,

, »Ma infiniti ne mando di suo, e ricevt risposta di rime e di prose
della illustrissima marchesana di Pescara, delle virtu della quale Michel-
angnolo era inamorato, ed ella parimente di quelle di lui; e molte volte
ando ella a Roma da Viterbo a visitarlo.« a. a. 0. p. 275.
, Ebenso gebrauchte Vasari das Wort »virtu« bei Cavalieri, um dessen
künstlerische Befähigung zu bezeichnen. Wenigstens übertragen so Schorn-x
Förster, denen ich bei diesen Verdeutschungen absichtlich den Vorrang
gelassen habe. S. S. 14, Anm. 1 und E. Förster, Vasari, V, S. 420.
 
Annotationen