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aus der menschlichen Natur herfließen, und sich eigentlich
immer bey der Entwickelung des Individuums, wie bey der
des ganzen Menschengeschlechts wiederhohlen. Es ist im vorher-
gehenden einmal beyläusig die Möglichkeit einer Natur-
geschichte der Kunst erwähnt worden. Naturgeschichte der s
Knust ist eine Darlegung ihres nothwendigen Ursprunges und
ihrer ersten Fortschritte aus den allgemeinen menschlichen An-
lagen, und den Umständen, welche beym. Erwachen des frühesten
Menschengeschlechtes zu einiger geistigen Bildung eintreten
mußten. - Sie kann folglich nur bey solchen Künsten Statt 10
sinden, deren Medium oder Werkzeug der Darstellung ein
dem Menschen natürliches ist; s2«ft alle Künste, deren Werk-
zeug ein künstliches ist, setzen Beobachtung der Natur und
Akte der Willkühr zur Benutzung derselben voraus, welche
nur historisch gegeben, nicht philosophisch abgeleitet werden 15
können. Die natürlichen Medien der Kunst sind Handlungen,
wodurch der Mensch sein Innres äußerlich offenbart, und der-
gleichen giebt es keine andre als Worte, Töne und Gebehrden.
Diese sind denn auch die Wurzel und Grundlage der Poesie,
Musik und Tanzkunst. Wie die Tanzkunst gewissermaßen 20
wieder als der erste Keim der bildenden Kunst betrachtet
werden könne, haben wir bey der Übersicht der Künste gezeigt.
Es sind im Verlauf dieser Vorträge schon verschiedne zur
Naturgeschichte der Kunst gehörige Sätze vorgekommen. Z. B.
daß die drey oben genannten Künste zugleich und in unzer- 25
trennlicher Einheit entstanden seyen; ferner die Entstehung des
Rhythmus, als der allen Dreyen gemeinschaftlichen Form.
Was-wir darüber behaupteten, war. nicht aus der Erfahrung
gefchöpft, aber wir konnten es einigermaßen mit Beobachtung
roher Völker, bey denen die Künste in einer ihrem Ursprünge so
näheren Gestalt verharret sind, belegen, und so wird es sich
auch mit dem verhalten, was wir von der Naturgeschichte der
Poesie noch hinzufügen werden.
s2«s Bey dem jetzigen Zustande unsrer Cultur, wo die
Poesie als eine sehr schwierige Kunst betrachtet wird, zu 35
welcher nur wenige ausgezeichnete Individuen die Fähigkeit
besitzen, die sie noch dazu nur mit vielem Nachdenken und
 
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