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Schlie, Friedrich
Die Darstellungen des troischen Sagenkreises auf etruskischen Aschenkisten — Stuttgart, 1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.5013#0198
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188 VI. Kreis der Odysseia.

sonst in der bildenden Kunst öfter vorkommende Motiv des eine Frau rau-
benden Kentauren am Ende der r. K. anlangt, so gehört dasselbe gewiss
nicht mit in die Scene, sondern hatte wohl viel eher den Zweck, nur zur
Verzierung zu dienen, und vielleicht fand sich symmetrisch gegenüber auf
der 1. E. dieselbe Gruppe.

Das Belief Nr. 4 stellt uns einen Ringkampf zwischen dem Odysseus
und seinen eignen Gefährten vor. Ich glaube aber nicht, dass diese ein-
fache Darstellung uns schon nöthigt, mit Jahn p. 409 eine verlorene
„eigenthümlich etruskische" Sage anzunehmen, sondern meine,
dass es sehr nahe liegt, an eine vielleicht durch irgend welche Komödie
geschaffene Version zu denken, nach welcher Odysseus, als er auf dem
Hofe der Kirke erschien, von seinen eignen Gefährten als derjenige ange-
griffen und bestürmt wurde, welcher ihr Unglück verschuldet habe, und
erst dann sich von ihnen befreien konnte, als er ihnen die von Hermes
gewährte Erlösung verhiess. Oder aber sollte der Moment auch auf eine
andere Art gefasst werden können? Brunn schlägt folgende Deutung vor:
Odysseus kommt auf den Hof der Kirke. Da erkennen ihn seine verwan-
delten Gefährten und überschütten ihn in ihrer Freude des Wiedersehens
mit den ungestümsten Liebkosungen. Dem Odysseus aber graut vor dieser
Begrüssung, und er sucht sie deshalb abzuwehren. Diese Deutung sagt
weit mehr zu als die vorige, aber mit völliger Sicherheit lässt sie sich
nicht aussprechen. Die beiden weiblichen Dämonen endlich sind hier
ebenso wie der in Nr. 3 von keiner weiteren Bedeutung für den eigent-
lichen Moment der Handlung.

CAPITEL XX.
Das Sirenenabenteuer.

Von fünfzehn Volterraner Aschenkisten, welche das Sirenenabenteuer
darstellen, sind wegen der grossen, den Mythus in keiner Weise verän-
dernden Einfachheit des Gegenstandes nur acht in den Atlas aufgenommen.
Die Zahl der Sirenen ist auf allen Aschenkisten die gleiche, es sind stets
drei, und zwar langbekleidete gegürtete Frauengestalten mit einem
Schleier am Hinterhaupte und einem Mantel, welcher vorn über die Kniee
geschlagen ist. Auch ihre musikalischen Instrumente sind immer diesel-
ben, die eine bläst die Doppelflöto, die andere die Syrinx, die dritte
spielt die Leier. Doch ist die Anordnung oder Vertheilung dieser Instru-
mente verschieden, bald ist es die erste, bald die zweite , bald die dritte,
welche das eine oder andere dieser drei Instrumente spielt. Auf allen
Aschenkisten, Nr. 7 ausgenommen, nehmen sie die ein wenig kleinere
 
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