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Schliemann, Heinrich
Ilios, Stadt und Land der Trojaner: Forschungen und Entdeckungen in der Troas und Besonderes auf der Baustelle von Troja — Leipzig, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.963#0040

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IC

ATTOBIOnRAPHIK DES VERFASSERS.

[EINLEITUNG.



in Amsterdam für meine Rechnung auf zwei Dampfern an meine
Agenten, die Herren Meyer <v; Co.. in Memel abgesandt worden, um
von dort zu Lande nach Petersburg transportirt zu werden. Ich
hatte den Indigoauctionen in Amsterdam beigewohnt und befand mich
nun auf dem Wege nach Memel, um dort nach der Expedition meiner
Waaren zu sehen. Spät am Abend des ;',. October im Hotel de Prasse
in Königsberg angekommen, sah ich am folgenden Morgen, bei einem
zufälligen Blick aus dem Fenster meines Schlafzimmere, auf dem Thurme
des nahen „Grünen Thores"1 folgende ominöse Inschrift in grossen ver-
goldeten Lettern mir entgegenleuchten:

Vultus fortunae variatur iniagine lunae:
Cresoit, deoresoit, constans persietere nescit.

Ich war nicht abergläubisch, aber doch machte diese Inschrift einen
tiefen Kindruck auf mich, und eine zitternde Furcht, wie vor einem
nahen unbekannten Misgeschick bemächtigte sich meiner. Als ich
meine Heise mit der l'ost fortsetzte, vernahm ich auf der ersten
Station hinter Tilsit zu meinem Entsetzen, dass die Stadt Memel
am vorhergegangenen Tage von einer furchtbaren Feuersbrunst ein-
geäschert worden sei, und vor der Stadt angekommen, sah ich die
Nachricht in der traurigsten Weise bestätigt. Wie ein ungeheurer
Kirchhof, auf dein die rauchgeschwärzten Mauern und Schornsteine
wie grosse Grabsteine, wie finstere Wahrzeichen der Vergänglichkeit
alles Irdischen sich erhoben, lag die Stadt vor unsern Blicken.
Halbverzweifelt suchte ich zwischen den rauchenden Trümmerhaufen
nach Herrn Meyer. Endlich gelang es mir, ihn aufzufinden — aber
auf meine Frage, ob meine Güter gerettet wären, wies er statt aller
Antwort auf seine noch glimmenden Speicher und sagte: „Dort liegen
sie begraben." Der Schlag war sehr hart: durch die angestrengte Ar-
beit von acht und einem halben Jahre hatte ich mir in Petersburg ein
Vermögen von 15(X)00 Thalern erworben — und nun sollte dies ganz ver-
loren sein. Es währte indessen nicht lange, so hatte ich mich auch
mit diesem Gedanken vertraut gemacht, und gerade die Gewissheit
meines Ruins gab mir meine Geistesgegenwart wieder.

Das Bewusstscin, niemandem etwas schuldig zu sein, war mir eine
grosse Beruhigung; der Krimkrieg hatte nämlich erst vor kurzem begon-
nen, die Handelsverhältnisse waren noch sehr unsicher, und ich hatte
infolge dessen nur gegen haar gekauft. Ich durfte wol erwarten, dass
die Herren Schröder in London und Amsterdam mir Credit gewähren
würden, und so hatte ich die beste Zuversicht, dass es mir mit der Zeit
gelingen werde, das Verlorene wieder zu ersetzen. Es war noch am
Abend des nämlichen Tages: ich stand im Begriffe, meine Weiterreise

der ehrwürdige Baron Jolm Henry von
Sehröder, der Gründer der unter dem Namen
des Sehröder'schen Stiftes weltberühmten
grossartigen Wohlthätigkeitsanstalt, steht,
obwol schon 9C Jahre alt, noch immer an
der Spitze des Hamburger Hauses; sein
Compagnon ist der treuliche Herr Vogler.
An der Spitze des Londoner Hauses stehen-

der ehrwürdige Herr Baron J. H. W. von
Schröder hin. und seine beiden ausgezeich-
neten Compagnons Herr Henry Tiarks und
Herr von der Meden.

1 Dieses Thor ist inzwischen, im August
1864, infolge städtischer Veränderungen
abgebrochen worden.
 
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