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Schliemann, Heinrich
Ilios, Stadt und Land der Trojaner: Forschungen und Entdeckungen in der Troas und Besonderes auf der Baustelle von Troja — Leipzig, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.963#0109

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§ II.]

VORGEBIRGE.

85

troische Gestade betrat.1 Auch bei Herodot begegnen wir einer Er-
wähnung dieses Vorgebirges.2

Das berühmte Cap Sigeiön, die nordwestlichste Spitze Asiens, er-
hebt sieli am Eingange des Hellespont, der Stadt Eleusa am Südende
der thrakischen Chersonesos gerade gegenüber. Ms führt heute den
Namen Cap Jeni Schein-. Nach Burnoufs Messung beträgt seine Höhe
77,2o m über dem Meere. Auf diesem Vorgebirge, nicht aber
wie Admiral Spratt's Karte irrthümlioh angibt, auf der Hochebene im
Südsüdwest davon, hat die alte Stadt Sigeion gestanden, denn erstens
ist hier noch eine (3 Fuss tiefe Anhäufung von altem Trümmerschutt,
während das benachbarte Plateau keine Spur davon zeigt; zweitens
aber wissen wir. dass Sigeion einen Hafen gehabt hat; und derselbe
befand sich auch wirklich dicht an der üstseite des Vorgebirges, während
es am Fusse des Plateaus keinen gibt. Bald nach dem Zusammen-
stürze des persischen Reiches wurde die Stadt von den Iliern zerstört;
zu Strabo's Zeit existirte sie nicht mehr.3 Wie der ganze Bergrücken,
dessen nordöstlichen steil zum Meere abfallenden Vorsprung es bildet,
bestellt das Vorgebirge aus Kalkstein. Auf seinem Gipfel steht heute
das ausschliesslich von Christen bewohnte Uorf Jeni Sclielir, das auf
dem Schutt und den Trümmern des alten Sigeion erbaut ist.

In gerader Linie östlich vom Cap Sigeion liegt Cap Rhoiteion. das
heutige In Tepeh, am Hellespont. Strabo gibt die Entfernung zwischen
diesen beiden auf 60 Stadien4 (l'/a deutsche Meilen) an; doch ist diese
Angabe nur wieder einer der vielen Beweise, dass der alte Geograph
nie in der Troas gewesen ist; denn die wirkliche Entfernung, die auch
l'linius5 angibt, beträgt nur 30 Stadien (s/4 deutsche Meilen). Dieses
Cap, auf dem einst die Stadt Rhoiteion (~c 'Potmov)6 gestanden hat,
ist kein Vorgebirge im eigentlichen Sinne des Wortes, sondern
ein hohes felsiges Ufer mit mehrern Gipfeln, deren höchster nach
Burnoufs Messung nur 50 in hoch ist. Aus diesem Grunde nennt
Antipater Sidonius7 es auch 'PornjCSsj docToei. Virgil nennt es die
„Rhoetea litora"8 auch Livius'-' erwähnt Rhoiteion. Auf einem niedri-
gem Gipfel dieses Vorgebirges erhebt sich der Tumulus, den die Tra-
dition dem Ajax zuweist, und von dein weiter unten ausführlicher die
Rede sein wird. Besondere Erwähnung verdient es, dass die Namen
der beiden Vorgebirge, Sfyeiov und 'Poitswv, nicht bei Homer vor-
kommen, und dass er nur einmal von ihnen spricht: „denn obgleich der

1 IL, XIV, 283, 284:

"ISTjV 5' i/.EGjY)Y ---- AtXTOV, tkl TipÜHOY XlTt^-

Tf]V a'Xcc
■ IX, 114.

3 Mola, I, 18, 3; Pliu., IL. ,V., V, 33;
Serv. ad Aen., II, 312: -o Slyeiov, Herod.,
v. 65, 94; Tliucvd., VIII, 101; Strabo,
XIII, 095; Ptol. V, 23; Steph. Byz,, S.
597; Strabo, XIII, 603 nennt es auch -p
XiyEict; i'xpo;. Die Stadt to ScfiiOM wird
von Hckataios S. 208 Styi) genannt; Sky-
lax, S. 36.

4 XIII, 595: fori Sk to (jirjxos xrjs Ttapa-
Xla; Tcwrt];, dm toO 'PoiTltou (i^pt ^lyetou

xcd tou 'Ax.tUe«£ (iv^jjiato^ evj'jTtXoou'vTto'j
Et-iy.ovTa araSJwv.

6 V, 33: Fuit et Aeantium, a Rhodiis
conditmn, in altero eornn, Ajaco ibi sepulto,
XXX stad. intervallo a Sigeo.

»Herod., VII, 43; Skylax, S. 35: Steph.
Byz., S. 577; Mala, 1, 18, 5: l'lin. V, 33;
Thnkvd., IV, 52; VIII, 101.

'Änthol. Gr., II, 24, Nr. 65: ed. Ja-
cobs. I, 254, Nr. 146 ed. Tanehnitz.

»Aenois, VI, 595; und Plin. Hist. N.,
V, 33.

3 XXXVII, 37.
 
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