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Die Wurzeln der typologischen Richtung, welche nach dem Jahre 1000 so be-
deutend hervortritt, liegen schon im christlichen Alterthum (Helpidius Rusticus
zur Zeit Theodorichs). Sehr merkwürdig ist, dass allem Anschein nach — ganz
wie in der spätern Zeit — die Propheten dargestellt waren, die wir übrigens
schon im Codex von Rossano, 40 an der Zahl, auf Rednerbühnen, mit Spruch-
bändern versehen, antreffen. Auch bei der ältesten uns bekannten Madonnen-
darstellung in der Katakombe von S. Priscilla (II. Jhdt.?) tritt ein Prophet auf,
desgleichen in einer andern, allerdings nicht ganz sichern Darstellung in s. Do-
mitilla. (Abb. bei Liell, die Darst. etc. der Maria, Freiberg 1867. p. 327.) Wir
kommen immer darauf zurück, dass jene Erfindungen, die wir geneigt sind, dem
(wenig schöpferischen) Mittelalter zuzuschreiben, nur Ausführungen von Gedanken
der christlich-hellenischen Antike sind.
927. Alcuini carvi. 115.
Hic deus omnipotens Adam de pulvere plasmat.
Accola hic factus paradisi primitus Adam.
Nomina pone, pater, cunctis animantibus, Adam.
Costa viri matrem pausante protulit Adam.
Hic deducta fuit mulier, seductus et Adam.
Has, cherubim, portas flammis defende beatas.
Perge foras, Adam, et felicia regna relinque.
Terra tibi tribulos pro crimine germinet, Adam.
Livor edax fratris hic iustum perculit Abel.
Hic Noe dilectus domino sibi fabricat arcam.
En natat in liquidis mundi cum civibus arca.
Ecce columba pia pacis tibi portat olivam.
Alba columba redit corvo pereunte nigello.
Perge foras, educ et cuncta animalia tecum.
Est pater hic Abram patriam dimittere iussus.
Hic Sarra latitans casulae post ostia risit.
*) Der Titulus, anscheinend nur fragmentarisch erhalten, wurde mit zwei
Gedichten ganz heterogenen Inhaltes in der Editio Quercetana, dann erst in
gereinigter Gestalt von Froben (nach ihm Dümmler) publiciert. Er bricht ganz
unvermittelt bei der Geschichte der Sara ab. Vermuthlich haben wir es mit
Unterschriften eines Miniaturcodex zu thun. Doch möchte ich darauf hinweisen,
dass sich in der Vorhalle der Felixbasilica zu Nola anscheinend ein bloß alt-
testamentarischer Cyclus, von der Genesis bis zur Geschichte der Ruth
reichend, befand. (Paulini Nol. poem. XXVII. Natal. Fel. carm. 9. v. 511 —536.
vgl. carm. 10, v. 15— 27. bei Migne, Patrol. Lat. 61. p. 659, 663). Ich gebe im
Folgenden eine kleine ikonographische Übersicht, wobei ich die Wiener Genesis
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Die Wurzeln der typologischen Richtung, welche nach dem Jahre 1000 so be-
deutend hervortritt, liegen schon im christlichen Alterthum (Helpidius Rusticus
zur Zeit Theodorichs). Sehr merkwürdig ist, dass allem Anschein nach — ganz
wie in der spätern Zeit — die Propheten dargestellt waren, die wir übrigens
schon im Codex von Rossano, 40 an der Zahl, auf Rednerbühnen, mit Spruch-
bändern versehen, antreffen. Auch bei der ältesten uns bekannten Madonnen-
darstellung in der Katakombe von S. Priscilla (II. Jhdt.?) tritt ein Prophet auf,
desgleichen in einer andern, allerdings nicht ganz sichern Darstellung in s. Do-
mitilla. (Abb. bei Liell, die Darst. etc. der Maria, Freiberg 1867. p. 327.) Wir
kommen immer darauf zurück, dass jene Erfindungen, die wir geneigt sind, dem
(wenig schöpferischen) Mittelalter zuzuschreiben, nur Ausführungen von Gedanken
der christlich-hellenischen Antike sind.
927. Alcuini carvi. 115.
Hic deus omnipotens Adam de pulvere plasmat.
Accola hic factus paradisi primitus Adam.
Nomina pone, pater, cunctis animantibus, Adam.
Costa viri matrem pausante protulit Adam.
Hic deducta fuit mulier, seductus et Adam.
Has, cherubim, portas flammis defende beatas.
Perge foras, Adam, et felicia regna relinque.
Terra tibi tribulos pro crimine germinet, Adam.
Livor edax fratris hic iustum perculit Abel.
Hic Noe dilectus domino sibi fabricat arcam.
En natat in liquidis mundi cum civibus arca.
Ecce columba pia pacis tibi portat olivam.
Alba columba redit corvo pereunte nigello.
Perge foras, educ et cuncta animalia tecum.
Est pater hic Abram patriam dimittere iussus.
Hic Sarra latitans casulae post ostia risit.
*) Der Titulus, anscheinend nur fragmentarisch erhalten, wurde mit zwei
Gedichten ganz heterogenen Inhaltes in der Editio Quercetana, dann erst in
gereinigter Gestalt von Froben (nach ihm Dümmler) publiciert. Er bricht ganz
unvermittelt bei der Geschichte der Sara ab. Vermuthlich haben wir es mit
Unterschriften eines Miniaturcodex zu thun. Doch möchte ich darauf hinweisen,
dass sich in der Vorhalle der Felixbasilica zu Nola anscheinend ein bloß alt-
testamentarischer Cyclus, von der Genesis bis zur Geschichte der Ruth
reichend, befand. (Paulini Nol. poem. XXVII. Natal. Fel. carm. 9. v. 511 —536.
vgl. carm. 10, v. 15— 27. bei Migne, Patrol. Lat. 61. p. 659, 663). Ich gebe im
Folgenden eine kleine ikonographische Übersicht, wobei ich die Wiener Genesis