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I.

Die Kunsttheorie Mittelitaliens vor Vasari.

Zeitlich am frühesten ist ein kleiner Traktat des Florentiner Malers
und Kriegsmannes Francesco Lancilotti erhalten, in einem höchst
seltenen anonymen Druck (Rom 1509). Uber den Verfasser ist kaum
mehr bekannt, als was er uns in den Terzinen seines Lehrgedichtes
mitzuteilen für gut findet. Er hat darnach bei Abfassung seiner Schrift
schon die Hälfte des Menschenalters überschritten; Milanesis Auf-
stellung, daß er 1472 als Sohn eines mailändischen Malers Jacopo di
Lancilotto in Florenz geboren worden sei, wird seine Richtigkeit
haben. Eigenem Berichte zufolge hat er frühzeitig die Vaterstadt
verlassen {virtü lascia cht lascia Firenze, sagt er bezeichnenderweise)
und weite Reisen gemacht, die ihn durch ganz Italien, durch Spanien,
das damals noch maurische Granada, nach Tunis und in die Barba-
reskenstaaten geführt haben. Er muß kein ganz unbekannter Mann
gewesen sein; wenigstens hat sich eine Medaille mit seinem Bildnis
erhalten. Wie die poetische Form selbst, so weist auch die Inspiration
auf Dante zurück. Das Ganze, dem eine Widmung an den sienesischen
Patrizier Francesco Tommasi voransteht, ist in Form einer Vision
gehalten; bei einer Seefahrt erscheint (auf der Höhe von Ischia) dem
Autor die Malerei als ein mächtiges Weib. Ihre (noch in den An-
schauungen des Quattrocento befangene) Klage, daß sie aus dem
Kreise der sieben freien Künste ausgeschlossen sei, führt uns in ein
wohlbekanntes Gebiet. Sonst bietet d-as Werkchen eben nicht viel,
es wäre denn das hohe Lob, das den Landschaften der Fiandreschi
gespendet wird, auch ein Nachklang von der Modekunst des vorher-
gehenden Zeitalters her, zumal in dem süditalienischen Umkreis, in
den wir geführt werden. Auch die Forderung an den Maler, daß er
bella maniera besitzen müsse, wollen wir uns merken. Endlich er-
scheint die später so viel gebrauchte Einteilung der Malerei in Disegno,
Colorito, Compositione und hiventio?ic hier schon fest ausgebildet und
eingebürgert.

Außerdem haben wir eigentlich nur eine Figur von größerer
Bedeutung zu nennen, mit der wir schon in Vasaris unmittelbare Zeit
 
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