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Die Literatur der Ciceroni.
aus Dürer anschließen; auch was über die Bibliothek des Malers
gesagt wird — in der der Abgott des Jahrhunderts, Marini, natürlich
vertreten sein muß — ist immerhin eines Blickes wert. Den Schluß
bildet eine nicht unansehnliche Kunstbibliographie, in der neben den
gangbarsten italienischen Werken auch solche der Nordländer, wie
die Geschichte der antiken Malerei des Junius, Dürer, van Mander,
merkwürdigerweise auch — freilich mit arg verballhornten Namen —
ein paar deutsche Kunstbüchlein, wie das des Boltz von Rufach und
des Jost Ammann erscheinen. Ebenso ist es ein Zeichen der Zeit,
daß eine englische, zu London herausgekommene Anweisung für
den vollendeten Gentleman (von Paccan [?]) aufgeführt ist, und zwar
weil sie dessen Verhalten der Kunst gegenüber ausführlich zur
Sprache bringt; der Tour de monde steht hier natürlich im Hinter-
gründe.
Im 18. Jahrhundert hat dann Francesco Bartoli, der uns noch
als Lokalantiquar begegnen wird, kein Maler, sondern ein Liebhaber,
der von Haus aus Schauspieler war (geb. in Bologna 1745, gest. in
Rovigo 1806), eine große und sehr fleißige Kunsttopographie Italiens
begonnen, von deren auf zwölf berechneten Bänden bloß die ersten
zwei (Venedig 1776) erschienen sind. Sie behandeln Piemont und die
Lombardei und sind namentlich bei dem Mangel an sonstigen Nach-
richten über diese „Landschaften (besonders die erste) und dadurch,
daß sie zahlreiche kleine Orte berücksichtigen, nicht ohne Wert.
Schon die sorgfältigen Künstlerverzeichnisse zeigen, daß hier bereits
eine andere Luft weht und daß auch die Reste der älteren Kunst
nach Möglichkeit beachtet sind. Es liegt ja auch schon die Arbeit
der gelehrten Kunsthistoriker des Settecento wie des Bottari u. a.
voraus. Der Vortrag ist trocken und sachlich, Kunsturteile werden
nicht gegeben, sondern bloß Ort, Verfertiger und Gegenstand kurz
verzeichnet.
Ähnlich, aber von vornherein viel knapper gehalten ist ein kunst-
geschichtlicher Cicerone durch Italien, der einen welschtirolischen
Adeligen, den Cav. Adamo Chiusole aus Rovereto, zum Verfasser
hat (Vicenza 1782). Dieser Führer gehört in das Fach der damals
auch in Italien (z. B. von dem bekannten Weltmann Algarotti) ge-
pflegten Damenliteratur und ist auch wirklich einer vornehmen Dame,
der Baronessa Primarti, gewidmet. Als eine Art Einleitung dazu be-
trachtet der Autor ein einführendes Schriftchen, das sich an dieselben
Kreise wendet: seine Precetti della pittura (1781); das Vorwort setzt
sich mit der vorhergehenden Reise- und Guidenliteratur kritisch aus-
einander; die ältere Kunst ist auch hier schon, freilich nicht gerade
reichlich, berücksichtigt, wie denn das Ganze (auf kaum 300 Oktav-
seiten) nach möglichster Handlichkeit strebt und im Grunde recht
Die Literatur der Ciceroni.
aus Dürer anschließen; auch was über die Bibliothek des Malers
gesagt wird — in der der Abgott des Jahrhunderts, Marini, natürlich
vertreten sein muß — ist immerhin eines Blickes wert. Den Schluß
bildet eine nicht unansehnliche Kunstbibliographie, in der neben den
gangbarsten italienischen Werken auch solche der Nordländer, wie
die Geschichte der antiken Malerei des Junius, Dürer, van Mander,
merkwürdigerweise auch — freilich mit arg verballhornten Namen —
ein paar deutsche Kunstbüchlein, wie das des Boltz von Rufach und
des Jost Ammann erscheinen. Ebenso ist es ein Zeichen der Zeit,
daß eine englische, zu London herausgekommene Anweisung für
den vollendeten Gentleman (von Paccan [?]) aufgeführt ist, und zwar
weil sie dessen Verhalten der Kunst gegenüber ausführlich zur
Sprache bringt; der Tour de monde steht hier natürlich im Hinter-
gründe.
Im 18. Jahrhundert hat dann Francesco Bartoli, der uns noch
als Lokalantiquar begegnen wird, kein Maler, sondern ein Liebhaber,
der von Haus aus Schauspieler war (geb. in Bologna 1745, gest. in
Rovigo 1806), eine große und sehr fleißige Kunsttopographie Italiens
begonnen, von deren auf zwölf berechneten Bänden bloß die ersten
zwei (Venedig 1776) erschienen sind. Sie behandeln Piemont und die
Lombardei und sind namentlich bei dem Mangel an sonstigen Nach-
richten über diese „Landschaften (besonders die erste) und dadurch,
daß sie zahlreiche kleine Orte berücksichtigen, nicht ohne Wert.
Schon die sorgfältigen Künstlerverzeichnisse zeigen, daß hier bereits
eine andere Luft weht und daß auch die Reste der älteren Kunst
nach Möglichkeit beachtet sind. Es liegt ja auch schon die Arbeit
der gelehrten Kunsthistoriker des Settecento wie des Bottari u. a.
voraus. Der Vortrag ist trocken und sachlich, Kunsturteile werden
nicht gegeben, sondern bloß Ort, Verfertiger und Gegenstand kurz
verzeichnet.
Ähnlich, aber von vornherein viel knapper gehalten ist ein kunst-
geschichtlicher Cicerone durch Italien, der einen welschtirolischen
Adeligen, den Cav. Adamo Chiusole aus Rovereto, zum Verfasser
hat (Vicenza 1782). Dieser Führer gehört in das Fach der damals
auch in Italien (z. B. von dem bekannten Weltmann Algarotti) ge-
pflegten Damenliteratur und ist auch wirklich einer vornehmen Dame,
der Baronessa Primarti, gewidmet. Als eine Art Einleitung dazu be-
trachtet der Autor ein einführendes Schriftchen, das sich an dieselben
Kreise wendet: seine Precetti della pittura (1781); das Vorwort setzt
sich mit der vorhergehenden Reise- und Guidenliteratur kritisch aus-
einander; die ältere Kunst ist auch hier schon, freilich nicht gerade
reichlich, berücksichtigt, wie denn das Ganze (auf kaum 300 Oktav-
seiten) nach möglichster Handlichkeit strebt und im Grunde recht