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Grundlegung
beiderseits durchgehende Gliederungsprinzip wohl so abtun zu kön-
nen wie schon in der Ornamentik, wie etwa eine Schnur mit Kugeln
und Würfeln. Aber im Zusammenhänge der Bogenreihe muß doch
schon klar werden, daß durch diese Verbindung ein wirksameres Moment
hinzu kommt, als unter geradem Gebälk. Schon beim zweiten Auf-
treten des Pfeilers muß, wie wir ausgeführt, empfunden werden, daß
es sich um eine Maßregel von größerer Tragweite handelt, bei der be-
sonders die Tektonik entscheidend mitspricht. Die Pfeilerstirn ist
etwas andres als die halbzylindrische Vorderseite der Säule; diese
bleibt ein freiragender plastisch ausgerundeter Körper, der Pfeiler
läßt immer noch seine Verwandtschaft mit dem Mauerstück, der ge-
schichteten Masse, d. h. den willkürlichen Ausschnitt aus einem größeren
Ganzen erkennen. Für die Gegenüberstellung in zwei Parallelreihen
ist aber die andre Eigenschaft die wichtigste, daß der Pfeiler vollen
Stillstand bezeichnet und ihn durch den Gesamteindruck zwingend auch
vom menschlichen Subjekte fordert, während die Säule beiderseits
die Möglichkeit freier Bewegung eröffnet, also auch das Vorüber-
gehen gestattet. Daraus folgt für den Gang des Menschen, der sich
unter dem Einfluß dieser Nachbarn vollzieht, ein Wechsel im Tempo.
Und dies geschieht vollends, wo wir einmal zwei Säulen zur Seite
haben, das nächste Mal zwei Pfeiler, und so alternierend weiter. Das
ergibt eine Beschleunigungsphase für die Säulennähe, eine Verlang-
samungsphase für die Pfeilernähe, oder wenigstens eine von diesen
Abwandlungen, gegenüber der durchgehenden Bewegungsform. Da-
mit würde der ganze Weg zwischen solchen alternierenden Paaren
entlang anders rhythmisiert, gegenüber dem gleichmäßigen Verlauf
in der altchristlichen Basilika beträchtlich verzögert werden.
Angesichts des Stützenwechsels aus zwei Pfeilern, zwei Bögen und
einer Säule in deren Mitte haben wir uns schon über die optische Auf-
nahme auf einer Seite des Ganges verständigt. Wir sagten uns, sie er-
folge nicht einfach im Entlangsehen, wie diese fünf Glieder aufeinander-
folgen. Weder das Ablesen der ganzen Reihe von links nach rechts in
einem Zuge, oder umgekehrt, genüge dem Formenbestand als solchem,
noch auch die Sonderung zweier Höhenlagen, unten die Stützen, dann
die Bogen darüber. Das hebt den Zusammenhang auf. Die sukzessive
Auffassung der Bindeglieder muß die aufrechten Geraden, wie den
Stützenwechsel darunter „im Sinn behalten“, und muß dann beide Reihen
im Verhältnis dieser Subordination, also Proportionalität in der Höhe
und alternierende Reihung in der Breite zusammenfassen; sie kehrt mit-
hin zurück zum Anfang, um die erste Hälfte nachzuholen und die ganze
Grundlegung
beiderseits durchgehende Gliederungsprinzip wohl so abtun zu kön-
nen wie schon in der Ornamentik, wie etwa eine Schnur mit Kugeln
und Würfeln. Aber im Zusammenhänge der Bogenreihe muß doch
schon klar werden, daß durch diese Verbindung ein wirksameres Moment
hinzu kommt, als unter geradem Gebälk. Schon beim zweiten Auf-
treten des Pfeilers muß, wie wir ausgeführt, empfunden werden, daß
es sich um eine Maßregel von größerer Tragweite handelt, bei der be-
sonders die Tektonik entscheidend mitspricht. Die Pfeilerstirn ist
etwas andres als die halbzylindrische Vorderseite der Säule; diese
bleibt ein freiragender plastisch ausgerundeter Körper, der Pfeiler
läßt immer noch seine Verwandtschaft mit dem Mauerstück, der ge-
schichteten Masse, d. h. den willkürlichen Ausschnitt aus einem größeren
Ganzen erkennen. Für die Gegenüberstellung in zwei Parallelreihen
ist aber die andre Eigenschaft die wichtigste, daß der Pfeiler vollen
Stillstand bezeichnet und ihn durch den Gesamteindruck zwingend auch
vom menschlichen Subjekte fordert, während die Säule beiderseits
die Möglichkeit freier Bewegung eröffnet, also auch das Vorüber-
gehen gestattet. Daraus folgt für den Gang des Menschen, der sich
unter dem Einfluß dieser Nachbarn vollzieht, ein Wechsel im Tempo.
Und dies geschieht vollends, wo wir einmal zwei Säulen zur Seite
haben, das nächste Mal zwei Pfeiler, und so alternierend weiter. Das
ergibt eine Beschleunigungsphase für die Säulennähe, eine Verlang-
samungsphase für die Pfeilernähe, oder wenigstens eine von diesen
Abwandlungen, gegenüber der durchgehenden Bewegungsform. Da-
mit würde der ganze Weg zwischen solchen alternierenden Paaren
entlang anders rhythmisiert, gegenüber dem gleichmäßigen Verlauf
in der altchristlichen Basilika beträchtlich verzögert werden.
Angesichts des Stützenwechsels aus zwei Pfeilern, zwei Bögen und
einer Säule in deren Mitte haben wir uns schon über die optische Auf-
nahme auf einer Seite des Ganges verständigt. Wir sagten uns, sie er-
folge nicht einfach im Entlangsehen, wie diese fünf Glieder aufeinander-
folgen. Weder das Ablesen der ganzen Reihe von links nach rechts in
einem Zuge, oder umgekehrt, genüge dem Formenbestand als solchem,
noch auch die Sonderung zweier Höhenlagen, unten die Stützen, dann
die Bogen darüber. Das hebt den Zusammenhang auf. Die sukzessive
Auffassung der Bindeglieder muß die aufrechten Geraden, wie den
Stützenwechsel darunter „im Sinn behalten“, und muß dann beide Reihen
im Verhältnis dieser Subordination, also Proportionalität in der Höhe
und alternierende Reihung in der Breite zusammenfassen; sie kehrt mit-
hin zurück zum Anfang, um die erste Hälfte nachzuholen und die ganze