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Schmidt, Alfred Max
Zur Entwickelung des rhythmischen Gefühls bei Uhland: (Einleitung und Th. 2) — Altenburg S.-A.: Unger, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.71757#0042
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— 42 —

Bei der Beweglichkeit der rhythmischen Reihen dieses Gedichts ist die Lage
und Art der syntaktischen Einschnitte innerhalb der Reihen von besonderer Be-
deutung. Das Metrum dringt hier auf einschnittlose Verse, oder aus Verse mit
Einschnitt ohne Rhythmuswechsel, durch zu zahlreiche Einschnitte, die Rhythmus-
wechsel bewirken, würde die Bewegung leicht verlangsamt oder erschwert. Wir
finden in der vorstehenden Ballade unter 60 Versen 38 ohne syntaktischen Ein-
schnitt, 14 mit syntaktischem Einschnitt ohne Nythmusmechsel, 6 mit Einschnitt
und Rhythmuswechsel. Zwei Reihen (23. 28) haben beide Formen, Einschnitt
mit und ohne Wechsel. Die große Mehrzahl der Verse trägt den Charakter rue-
gehemmter Bewegung, Rhythmuswechsel tritt in besonders eindrucksvollen Reihen
ans: 4, 6, 7, 22, vor allem 51. In V. 57 ist kein rhythmischer Wechsel dnrch
den Einschnitt entstanden, aber der zweite Abschnitt der Reihe beginnt mit einer
schwebenden Betonung:
komm, trink mir Bescheid,
so daß dieser Vers seiner Wirkung nach den Versen mit Einschnitt und
Rhythmuswechsel ganz nahe steht.
Durch das ganze Gedicht hin ist sonst volle Übereinstimmung von natür-
licher Wortbetonung und Versbetonung vorhanden, auch im Versanfang. An
etlichen Stellen aber finden charakteristische Tonerhöhungen im Auftakt statt, und
zwar geringere Erhöhungen- V. 14. 31/32, bedeutende Erhöhungen: V. 28. 51.
Die Lesarten zu unserer Ballade zeigen nun, wie Uhland in weitem Umfange
bemüht ist, die ^-Takte zu vermehren oder sonst Beweglichkeit in den Rhythmus
zu bringen. Dies zeigt sich in Vers 5. 7. 8. 34. 36. 38. 42. 45. 50. 53. 59.
Vers 5. Aus:
Das ist Taillefer, der ...
wird :
Das ist der Taillefer, der ...
Vers 7. Aus:
schürt und facht
wird:
fchüret und facht.
Vers 8 wird ein syntaktischer Einschnitt beseitigt. Aus:
Am Abend, wenn er sich legt, am Morgen, wenn er erwacht
wird :
Wann er abends sich legt und wann er morgens erwacht.
Vers 34. Aus:
Zuerst als Knecht und dann als Ritter frank
wird:
Zuerst als ein Knecht und dann als ein Ritter frank.
 
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