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Schmidt, Richard
Fakire und Fakirtum im alten und modernen Indien: Yoga-Lehre und Yoga-Praxis nach den indischen Originalquellen — Berlin, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.2370#0188
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— 148 —

Eine merkwürdige Übereinstimmung zwischen den indischen
Philosophen und den modernen Propheten des Pessimismus ist
nun die, daß sie alle als einziges Mittel, der Daseinsnot ledig zu
werden, das Wissen angeben, indem eben das Nichtwissen als
letzter Grund des Leidens statuiert wird. So werden immer nur
wenige Auserwählte der Erlösung teilhaftig werden; Wissen ist
nicht jedermanns Sache: und selbst der kleinen Zahl der Adepten
wird es noch sauer genug gemacht, das ersehnte Ziel zu erreichen.
Das Wissen ist nur mühsam zu erfassen; aber nicht genug da-
mit : es gehört zu den unablässig betriebenen Studien auch noch
die härteste Askese, die Abtötung des Fleisches, die gänzliche
Verzichtleistung auf die Freuden dieser Welt. Ein sehr alter Ge-
danke übrigens, durch Meditation, durch Versenkung in die Er-
lösungslehre der Befreiung von den Banden des samsära, des
Kreislaufs der Geburten, teilhaftig werden zu können! Dhyäna,
Meditation, begegnetuns bereits im Rigveda, ein uraltes Inventar-
stück religiöser Übung. Es gehört dazu, daß man den Geist
unter gänzlicher Verzichtleistung auf weltliche Freuden und
Sorgen auf einen bestimmten Punkt richtet: der Kunstausdruck
dafür ist dhäranä, Beharrlichkeit. Natürlich erfordert dies
wiederum eine gewisse Summe von Feierlichkeit und Askese,
tapas. So sind denn die unentbehrlichen Erfordernisse, die be-
reits im ältesten Indien den Heiligen ausmachen, die welt-
entrückte Einsiedelei, die Askese, die Beharrlichkeit des Geistes
und die Meditation, die Krone des Ganzen.

In dem uns hier hauptsächlichst beschäftigenden Yoga-
System ist nun die Kunst jener Versenkung zur höchsten Voll-
endung gebracht, wie schon der Name andeutet: Yoga besagt
nämlich „Abwendung der Sinne von der Außenwelt und Kon-
zentrierung des Denkens nach innen". Im übrigen ist dies System
fast identisch mit dem Sämkhya, was schon der landläufige Ge-
brauch beweist, von einem Sämkhya-Yoga zu sprechen. Nur
hat der Yoga, um den „geistlich Schwachen" kein Ärgernis zu
bereiten, den vom Sämkhya abgesetzten Gott wieder auf den
Thron gesetzt und, wie schon gesagt, das Hauptgewicht auf die
Ausbildung der Kunst der Versenkung gelegt. „In less momen-
tous matters they differ, not upon points of doctrine, but in the
degree in which the exterior exercises, or abstruse reasoning and
 
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