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Schmidt, Robert
Das italienische Kunsthandwerk der Frührenaissance — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 65: Leipzig: Seemann, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.56872#0007
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In der Geschichte der Kunst tritt uns wohl an
keiner Stelle ein größerer, durch bewußte Auf-
lehnung gegen das Hergebrachte herbeigeführter
Gegensatz entgegen, als es der war, der die Werke
der italienischen Frührenaissancekünstler von den
gotischen Formidealen trennt. Mit Absicht stellen
wir das Wort Künstler einem allgemeineren Aus-
druck gegenüber. Denn die Betonung des Persön-
lichen ist das Hauptunterscheidungsmerkmal bei
jeder Äußerung der Renaissance im Gegensatz zu
der unpersönlichen Kultur des gotischen Mittel-
alters. Die Künstlerpersönlichkeit tritt in den
Vordergrund, aber auch die Kunstschöpfung selbst
stehtinihrer individuell durchgeführten, plastischen
Klarheit in stärkstem Kontrast zu den irrationalen,
malerischen Tendenzen der Gotik, in der das Ein-
zelne nichts, die Zusammenfassung der Teile alles
bedeutet. Diffuses Licht, mystisch-schwebende
Stimmung im gotischen Dom; kühle Klarheit, hei-
tere Helligkeit im Kirchenraum der Renaissance.
Das Pfeilerbündel mit seinem sehnenden Himmels-
streben dort; hier die in sich ruhende, klar durch-
gebildete Individualität der Säule. Die gotische
Truhe übersponnen von richtungsloser, kraus-
züngelnder Ornamentik; die Renaissancetruhe in
wohlabgewogenem Rhythmus sicher akzentuiert,
und jede Fläche, jede Linie ihrem funktionellen
Werte entsprechend ausgebildet. Gewiß hatbei dieser
neuen Tektonik und Dekoration die Antike Pate
gestanden. Renaissance heißt Wiedergeburt der

B.D.K.65

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