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Böcklin, Arnold [Ill.]; Schmidt, Georg [Bearb.]
Arnold Böcklin - Pan — Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek, Band 85: Stuttgart: Reclam, 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.65323#0007
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Aphrodite (Venus) und Artemis (Diana) etwas häufiger
vorkommen. Ganz offensichtlich ist Böcklin den niedrige-
ren Naturdämonen herzlicher zugetan.
Pan und Faun sind für Böcklin weitgehend identisch.
Ursprünglich waren sie das keineswegs. Pan (Arm. 3) ist
der griechische Schutzgott der in Griechenland älteren
Ziegenherden (nicht der in Griechenland jüngeren Rin-
derherden, die der „kuhäugigen“ Hera geweiht sind).
Darum wird Pan meistens mit Ziegenhörnern, Ziegen-
ohren, Ziegenschwanz und Bocksfüßen dargestellt und
die von ihm erfundene, nach ihm benannte Hirtenflöte
(Syrinx) blasend. Ganz anders der italische Taunus:
Als König von Latium hat er den Pflugbau erfunden
und ist nach seinem Tode zum weissagenden Feldgott
geworden. Erst in römischer Zeit ist Faun dem Pan gleich-
gesetzt und nun ebenfalls in Bocksgestalt dargestellt wor-
den. Und beide treten jetzt gern in fröhlicher Vielzahl
als Pane und Faune auf. Dieser späten Gleichsetzung
schließt Böcklin sich an — mit der Einschränkung jedoch,
daß Faun bei ihm sowohl allein wie in der Mehrzahl
auftritt, Pan hingegen immer nur in der würdigeren Ein-
zahl, und nur Pan die Flöte blasend.
In seiner ursprünglichen Gestalt ist Pan mit dem Le-
ben der nomadischen Ziegenhirten Arkadiens im ber-
gigen Innern des Peloponnes aufs innigste verbunden
(darum zuerst sogar, auch ziegenköpfig dargestellt: Her-
big, S. 53). Mit den lockenden Tönen der Syrinx hält er
die Herden beisammen; verirrte Tiere bringt er zur Herde
zurück. Alle Holz- und Horn-Blasinstrumente sind ur-
sprünglich Hirteninstrumente, die dem Lockruf dienen
und daher einsame, ungesellige Soloinstrumente sind. Die
leichte Erschreckbarkeit der Ziegen und ihre jähe, sinn-
lose, besinnungslose Flucht wird als Manifestation der
Macht des Ziegengottes aufgefaßt — daher „panischer
Schrecken“ und „Panik“ (Herbig, S. 18f.). Pans wich-
tigste Eigenschaft aber ist die Beförderung der tierischen
Fruchtbarkeit: Als Ziegenbock ist er selber „Bespringer“
der Geißen (Herbig, S. 33f.). So wird er zur phallischen
Gottheit der Fruchtbarkeit schlechthin. Mit seiner Flöte
lockt er auch die Nymphen, die als Quell- und Fluß-

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