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Böcklin, Arnold [Ill.]; Schmidt, Georg [Oth.]
Arnold Böcklin - Pan — Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek, Band 85: Stuttgart: Reclam, 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.65323#0040
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schützend hinter den Kopf gelegt, der Hirte. Diagonal
nach rechts unten flieht eine fünfte Ziege. In diesem dia-
gonalen Auseinanderstieben legen der Hirt und die Zie-
gen sich in die flächigere Seitenansicht. Das Hauptinter-
esse aber gilt spürbar weniger der figürlichen Erzählung
als der malerischen Schilderung dieses Stückes kahler,
lichtgesättigter Erde. In seinem malerischen Reichtum
steht dieses Bild dem „Bacchantenzug“ und dem ersten
„Pan im Schilf“ näher als dem ihm zeitlich näher liegen-
den zweiten „Pan im Schilf“.
Offensichtlich erfüllt von den neuen Bilderfahrungen
der zweiten Fassung des „Pan im Schilf“, hat Böcklin im
gleichen Jahre 1860 eine zweite Fassung von „Pan er-
schreckt einen Hirten" in Angriff genommen (Abb. 11).
Während auf der ersten Fassung alles in lichte, malerisch
erscheinungshafte Ferne entrückt ist, wird auf der zwei-
ten Fassung alles in greifbare Nähe gerückt. Dazu wer-
den, selbst über den zweiten „Pan im Schilf“ hinaus,
sämtliche Mittel des illusionistischen Naturalismus mobi-
lisiert. Die Raumillusion: Der Horizont links außen ist
bis fast auf die Bildmitte heruntergenommen — dadurch
entsteht von rechts vorne nach links hinten, von Felsblock
zu Felsblock springend, eine perspektivische Tiefenstaf-
felung; die Sonne ist etwas tiefer angesetzt als auf der
ersten Fassung — dadurch werden die Raumillusion er-
zeugenden Schlagschatten des Hirten und des Blattwerks
vergrößert; der Hirt und der Ziegenbock fliehen nicht
mehr in flächiger Seitenansicht nach links und nach rechts
auswärts, sondern in jäh verkürzender Vorderansicht
direkt auf uns zu. Die Körperillusion: Die auf der ersten
Fassung malerisch weich gerundeten Felsen sind mit
scharf begrenzten Lichtern und Schatten kubisch kantig
modelliert. Die Stofflichkeitsillusion: Während auf der
ersten Fassung, ganz im Sinne der Freilichtmalerei, die
verschiedenen Gegenstands-Stofflichkeiten — Fels, Fell,
Haut — in Licht aufgelöst und damit in die einheitliche
Stofflidikeit ,jFarbe“ übersetzt sind, werden auf der
zweiten Fassung die Härte der Felsen, die Weichheit des
Ziegenfells, die Glätte der Menschenhaut, ja selbst der
Glanz der im Rücken des Hirten baumelnden Kürbis-

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