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Schmitzer, Ulrich; Wissenschaftliche Buchgesellschaft [Contr.]
Rom im Blick: Lesarten der Stadt von Plautus bis Juvenal — Darmstadt: WBG, Wissen verbindet, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.72413#0186
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5 Nero: Welch ein Architekt stirbt in mir?

Nach dem Tod des Augustus kam es zur zwar nicht rechtlich gegebenen, aber
faktischen Erbfolge von Angehörigen des julisch-claudischen Hauses: Tiberius,
Caligula, Claudius. Der letzte unter ihnen sollte Nero (mit vollem Namen:
Ti. Nero Claudius Caesar Augustus Germanicus) sein, der erneut die julische
Familienideologie forciert in den Vordergrund stellte. Nachdem er nach dem
Tod des Claudius 54 n. Chr. im Alter von 17 Jahren die Herrschaft übernommen
hatte, begann nach dem Urteil der antiken Literatur zunächst eine fünf Jahre
währende glückliche Zeit, das quinquennium Neronis, in der der junge Princeps
unter Führung der politisch erfahrenen und philosophisch gebildeten Männer
Burrus und Seneca aufs Vorteilhafteste mit den problematischen Vorgängern
kontrastierte. Danach soll er sich immer mehr zu einem Despoten, ja Mutter-
mörder gewandelt haben und in Caesarenwahn verfallen sein: Nicht zuletzt
zwang er seinen früheren Lehrer Seneca 65 n. Chr. zum Selbstmord. Negative
Höhepunkte sind der schon in der Antike ihm angelastete Brand Roms
64 n. Chr.1 sowie das durch den Brand erst ermöglichte Projekt der domus au-
rea, eines jedes bis dahin in Rom gekannte Maß sprengenden Herrschersitzes
im Zentrum der Stadt, der Rom zu einer Residenzstadt nach hellenistischer
Art gemacht hätte. Der große Stadtbrand eröffnete Nero auch die Möglichkeit,
Rom nach zeitgenössisch-modernen Prinzipien wieder aufzubauen und das
hauptstädtische Gepräge auch auf Regionen außerhalb der eigentlichen Re-
präsentationsbauten auszudehnen, was allerdings nur ansatzweise tatsächlich
realisiert wurde.2 Nach Neros erzwungenem Selbstmord 68 n. Chr. wurde vor
allem durch die nun herrschende Dynastie der Flavier und deren literarische
Parteigänger das Bild Neros systematisch verdunkelt, um einen umso größeren
Kontrast zu den aktuellen principes zu etablieren. Für die Christen schließlich
war Nero der mit dem Teufel verbündete Kaiser der ersten Christenverfolgung,
der u. a. Petrus und Paulus zum Opfer gefallen seien.
Aules Persius Flaccus, ein Angehöriger des Ritterstandes aus dem etruskischen
Volterra (34-62 n. Chr.), verfasste bis zu seinem frühen Tod ein aus sechs Ge-
dichten bestehendes Satirenbuch, das vor allem von seiner Prägung durch die
stoische Philosophie zeugt. L. Annaeus Seneca (ca. 1 v. Chr. - 65 n. Chr.) aus
Corduba in Spanien war Politiker (vor allem in der Anfangszeit Neros wirk-
sam), Tragödiendichter und stoisch geprägter Philosoph, dem es um die Anlei-

1 Zuletzt Van Overmeire 2014.

2 Kolb 1984, 163-164.
 
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