recht häufigen, im Rahmen von Landkreisbüchern
oder Ortschroniken publizierten Besiedlungsge-
schichten sollen hier unberücksichtigt bleiben, da
ihnen nur geringer Wert zukommt58. Erst zwischen
1924 und 1926 wurde der Versuch gemacht, eine
Besiedlungsgeschichte ganz Bayerns mit geogra-
phischen Methoden zu erarbeiten. Der Verfasser
dieser Arbeit war W. Hülle59, ein Schüler von E.
Wahle, unter dessen Betreuung die Untersuchung
auch entstand. Die Dürftigkeit des vorhandenen
Quellenmaterials wurde von Hülle nicht verkannt.
Er stellte auch die größten Fehlerquellen wie Lük-
kenhaftigkeit der Überlieferung des Fundmaterials,
Auffindbarkeit sowie Tätigkeit von Museen oder
Privatpersonen heraus, die zur Entstehung von
Fund-, nicht aber von Siedlungsprovinzen führen60.
Auch das Fehlen einer archäologischen Landesauf-
nahme wird bedauert. Der Beschreibung der natürli-
chen Besiedlungsgrundlagen, in die er auch klimati-
sche, auf pollenstatistischer Basis gewonnene Daten
aufnimmt61, folgt die Diskussion der vorgeschichtli-
chen Landschaft, unterteilt in die verschiedenen
Zeitstufen62. Unbefriedigend ist dabei das Fehlen
einer gesicherten Chronologie der Jungsteinzeit.
Der zweite Teil besteht aus einer Darstellung der „in
der Kultur des vorgeschichtlichen Menschen liegen-
den Voraussetzungen der Besiedlung"63. Diese Un-
tersuchung leidet aber sehr stark unter dem ungenü-
genden Forschungsstand bezüglich der Wirtschafts-
weisen während der verschiedenen vorgeschichtli-
chen Epochen. Auch Wirtschaftsraum, Schutzbe-
dürfnis, Rohstoffe, Handel und Verkehr sind nur
kurz in die Überlegungen einbezogen. Die Besied-
lung Bayerns untersucht W. Hülle schließlich für die
einzelnen Perioden getrennt64. Als zusammenfassen-
des Ergebnis - Einzelergebnisse sollen hier nicht
diskutiert werden - hält er fest, daß das Bild der
vorgeschichtlichen Besiedlung von drei Kräften be-
wirkt wird: Boden, Verteilung von freiem Land65
und der menschlichen Kultur. Eigentlich keine groß-
artig neuen Erkenntnisse. In einem Ausblick weist
er u. a. auf die Dringlichkeit einer Inventarisation
ebenso hin wie auf die Wichtigkeit, die Naturwissen-
schaften stärker einfließen zu lassen.
Der Versuch Hülles, die prähistorische Besiedlung
Bayerns mit geographischen Methoden zu untersu-
chen, ist zweifellos interessant, vom Ansatz her aber
doch verfehlt. Die vielen Naturräume Bayerns und
die damals noch ungeklärte neolithische Chronolo-
gie sowie der bereits kaum mehr im Detail über-
schaubare Fundstoff hätten eigentlich Grund genug
sein müssen, eine solche Untersuchung auf einen
kleinen Raum zu beschränken, für den ein hoher
Forschungsstand und ein überschaubarer bzw. ab-
grenzbarer Naturraum gegeben waren. Vielleicht
standen gerade diese Unzulänglichkeiten einer Wei-
terentwicklung siedlungsgeographischer Methoden
im Wege. Dafür wurde bald nach Hülle ein ähnli-
cher Versuch für ein wesentlich kleineres Gebiet
durchgeführt. 1938 erschien das Buch von E. Press-
mar, Vor- und Frühgeschichte des Ulmer Winkels
auf bodenkundlicher Grundlage. Es basiert auf ei-
nem bis Ende 1937 zusammengestellten Inventar.
Die Funde und Fundstellen sind gemeindeweise er-
faßt und ausführlich mit Literaturzitaten versehen.
In einer Karte des Maßstabes 1:50000 sind alle
Fundstellen eingetragen. Außerdem ist eine von der
Verfasserin erarbeitete geologische Karte enthalten.
Ein Blick auf die Fundkarte lehrt aber bereits, daß
die Fundstellendichte - es handelt sich in der Mehr-
zahl um Grabhügelplätze — für eine siedlungsgeo-
graphische Arbeit, die alle vor- und frühgeschichtli-
chen Perioden umfaßt, einfach nicht ausreichend ist.
Das zeigt sich vor allem für das Neolithikum, das nur
durch einige Steingeräte vertreten ist. Der vor- und
frühgeschichtliche Teil (S. 18 ff.) versucht vor allem,
S. v. Forster, Die Besiedlung des Nürnberger Landes in vorgeschichtlicher Zeit. Abhandl. Naturhist. Ges. Nürnberg
17, 1907, 153 ff.
58) Vgl. hierzu eine Aufstellung bei F. Wagner, Bibliographie der Bayerischen Vor- und Frühgeschichte 1884-1959
(1964) 43 ff. Unter den dort zusammengestellten Arbeiten befindet sich eine ganze Reihe mit siedlungsarchäologi-
schem Ziel, ohne ausreichendes Quellenmaterial zu besitzen. Eine Ausnahme bildet der Aufsatz von H. Zeiß, Die
vor- und frühgeschichtliche Besiedlung der Gegend von Regensburg. Verhandl. Hist. Ver. Oberpfalz 77, 1927, 3 ff.
Er sammelte alle verfügbaren Denkmäler und Funde, um den Gang der Besiedlung vom Neolithikum bis ins frühe
Mittelalter darstellen zu können. Topographische Studien sind wegen der zu ungenauen Kartierungen allerdings
nicht möglich.
59) W. Hülle, Grundzüge der Besiedelung Bayerns r. d. Rh. in vorrömischer Zeit. Ein prähistorisch-geographischer
Versuch (1932).
60) Ebd. 35 ff.
61) Ebd. llff.
62) Ebd. 16ff.
63) Ebd. 20 ff.
64) Ebd. 38 ff.
65) Hier macht sich sehr deutlich die Steppenheidetheorie bemerkbar.
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oder Ortschroniken publizierten Besiedlungsge-
schichten sollen hier unberücksichtigt bleiben, da
ihnen nur geringer Wert zukommt58. Erst zwischen
1924 und 1926 wurde der Versuch gemacht, eine
Besiedlungsgeschichte ganz Bayerns mit geogra-
phischen Methoden zu erarbeiten. Der Verfasser
dieser Arbeit war W. Hülle59, ein Schüler von E.
Wahle, unter dessen Betreuung die Untersuchung
auch entstand. Die Dürftigkeit des vorhandenen
Quellenmaterials wurde von Hülle nicht verkannt.
Er stellte auch die größten Fehlerquellen wie Lük-
kenhaftigkeit der Überlieferung des Fundmaterials,
Auffindbarkeit sowie Tätigkeit von Museen oder
Privatpersonen heraus, die zur Entstehung von
Fund-, nicht aber von Siedlungsprovinzen führen60.
Auch das Fehlen einer archäologischen Landesauf-
nahme wird bedauert. Der Beschreibung der natürli-
chen Besiedlungsgrundlagen, in die er auch klimati-
sche, auf pollenstatistischer Basis gewonnene Daten
aufnimmt61, folgt die Diskussion der vorgeschichtli-
chen Landschaft, unterteilt in die verschiedenen
Zeitstufen62. Unbefriedigend ist dabei das Fehlen
einer gesicherten Chronologie der Jungsteinzeit.
Der zweite Teil besteht aus einer Darstellung der „in
der Kultur des vorgeschichtlichen Menschen liegen-
den Voraussetzungen der Besiedlung"63. Diese Un-
tersuchung leidet aber sehr stark unter dem ungenü-
genden Forschungsstand bezüglich der Wirtschafts-
weisen während der verschiedenen vorgeschichtli-
chen Epochen. Auch Wirtschaftsraum, Schutzbe-
dürfnis, Rohstoffe, Handel und Verkehr sind nur
kurz in die Überlegungen einbezogen. Die Besied-
lung Bayerns untersucht W. Hülle schließlich für die
einzelnen Perioden getrennt64. Als zusammenfassen-
des Ergebnis - Einzelergebnisse sollen hier nicht
diskutiert werden - hält er fest, daß das Bild der
vorgeschichtlichen Besiedlung von drei Kräften be-
wirkt wird: Boden, Verteilung von freiem Land65
und der menschlichen Kultur. Eigentlich keine groß-
artig neuen Erkenntnisse. In einem Ausblick weist
er u. a. auf die Dringlichkeit einer Inventarisation
ebenso hin wie auf die Wichtigkeit, die Naturwissen-
schaften stärker einfließen zu lassen.
Der Versuch Hülles, die prähistorische Besiedlung
Bayerns mit geographischen Methoden zu untersu-
chen, ist zweifellos interessant, vom Ansatz her aber
doch verfehlt. Die vielen Naturräume Bayerns und
die damals noch ungeklärte neolithische Chronolo-
gie sowie der bereits kaum mehr im Detail über-
schaubare Fundstoff hätten eigentlich Grund genug
sein müssen, eine solche Untersuchung auf einen
kleinen Raum zu beschränken, für den ein hoher
Forschungsstand und ein überschaubarer bzw. ab-
grenzbarer Naturraum gegeben waren. Vielleicht
standen gerade diese Unzulänglichkeiten einer Wei-
terentwicklung siedlungsgeographischer Methoden
im Wege. Dafür wurde bald nach Hülle ein ähnli-
cher Versuch für ein wesentlich kleineres Gebiet
durchgeführt. 1938 erschien das Buch von E. Press-
mar, Vor- und Frühgeschichte des Ulmer Winkels
auf bodenkundlicher Grundlage. Es basiert auf ei-
nem bis Ende 1937 zusammengestellten Inventar.
Die Funde und Fundstellen sind gemeindeweise er-
faßt und ausführlich mit Literaturzitaten versehen.
In einer Karte des Maßstabes 1:50000 sind alle
Fundstellen eingetragen. Außerdem ist eine von der
Verfasserin erarbeitete geologische Karte enthalten.
Ein Blick auf die Fundkarte lehrt aber bereits, daß
die Fundstellendichte - es handelt sich in der Mehr-
zahl um Grabhügelplätze — für eine siedlungsgeo-
graphische Arbeit, die alle vor- und frühgeschichtli-
chen Perioden umfaßt, einfach nicht ausreichend ist.
Das zeigt sich vor allem für das Neolithikum, das nur
durch einige Steingeräte vertreten ist. Der vor- und
frühgeschichtliche Teil (S. 18 ff.) versucht vor allem,
S. v. Forster, Die Besiedlung des Nürnberger Landes in vorgeschichtlicher Zeit. Abhandl. Naturhist. Ges. Nürnberg
17, 1907, 153 ff.
58) Vgl. hierzu eine Aufstellung bei F. Wagner, Bibliographie der Bayerischen Vor- und Frühgeschichte 1884-1959
(1964) 43 ff. Unter den dort zusammengestellten Arbeiten befindet sich eine ganze Reihe mit siedlungsarchäologi-
schem Ziel, ohne ausreichendes Quellenmaterial zu besitzen. Eine Ausnahme bildet der Aufsatz von H. Zeiß, Die
vor- und frühgeschichtliche Besiedlung der Gegend von Regensburg. Verhandl. Hist. Ver. Oberpfalz 77, 1927, 3 ff.
Er sammelte alle verfügbaren Denkmäler und Funde, um den Gang der Besiedlung vom Neolithikum bis ins frühe
Mittelalter darstellen zu können. Topographische Studien sind wegen der zu ungenauen Kartierungen allerdings
nicht möglich.
59) W. Hülle, Grundzüge der Besiedelung Bayerns r. d. Rh. in vorrömischer Zeit. Ein prähistorisch-geographischer
Versuch (1932).
60) Ebd. 35 ff.
61) Ebd. llff.
62) Ebd. 16ff.
63) Ebd. 20 ff.
64) Ebd. 38 ff.
65) Hier macht sich sehr deutlich die Steppenheidetheorie bemerkbar.
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