DIE BESIEDLUNG
1. DIE BESIEDLUNG WÄHREND DER LINEARBANDKERAMIK
Wie in weiten Teilen Mitteleuropas beginnt auch im
Untersuchungsgebiet die ständige Besiedlung mit
der Linearbandkeramik. Wegen der bisher äußerst
seltenen Belege155 für vorneolithische Aktivitäten —
sehr gering ist mittleres bis spätes Paläolithikum
vertreten, Mesolithikum fehlt ganz — soll die Unter-
suchung der Besiedlung mit dem älteren Neolithi-
kum beginnen.
Die Linearbandkeramik ist mit insgesamt 23 Fund-
stellen vertreten, d. h. ganze 5,37% des Gesamt-
fundstellenbestandes gehören dem Altneolithikum
an (Abb. 32). Das Verhältnis zwischen den Anteilen
des Gäubodens und des Tertiärhügellandes beträgt
15 : 8. Damit ist der Gäuboden etwa doppelt so stark
vertreten wie das Tertiärhügelland, doch erscheint
er wegen seiner wesentlich größeren Fläche eher
unterrepräsentiert.
Die Entdeckung der linearbandkeramischen Fund-
stellen geht zu 65,21% auf das Konto von an der
Oberfläche aufgelesenem Material, mit jeweils
13,05% sind Grabungen bzw. Bergungen bei Bau-
maßnahmen beteiligt, und von Kies- und Lehmgru-
ben stammen 8,69%. Die einzigen systematischen
Grabungen in linearbandkeramischen Siedlungen
wurden von P. J. R. Modderman in Otzing (Otzing
10) und von L. Kreiner bei Frammering (Framme-
ring 17) durchgeführt. Die Otzinger Grabung mußte
aber wegen stark gestörter Befunde, hervorgerufen
durch wiederholte Nutzung des Platzes im Neolithi-
kum und in den Metallzeiten, rasch aufgegeben wer-
den, und in Frammering wurde nur eine kleine
Fläche mit ähnlichen Schwierigkeiten untersucht.
Leider sind Dokumentation und Fundzuweisung der
Grabungen auf dem Natternberg, die ganz überra-
schend neben metallzeitlichen Siedlungsbelegen
auch Linearbandkeramik erfaßten (Natternberg 24),
so ungenügend, daß die Funde nur noch den Wert
von Lesefunden haben. Wir besitzen also keinen
einzigen gut dokumentierten Befund, geschweige
denn einen geschlossenen Fund. Die bis Ende 1980
bekannten Fundstellen wurden etwa im gleichen
Rhythmus entdeckt wie die Fundstellen aller Perio-
den zusammen, so daß der starke Anstieg nach 1970
nicht auf besondere Umstände zurückgeführt wer-
den kann (Abb. 33).
Ob dieses Verbreitungsbild wenigstens in der Ten-
denz prähistorische Zustände wiedergibt, ist sehr
schwer zu beurteilen, da kaum Vergleiche mit ande-
ren Räumen möglich sind. Lediglich die intensiven
Untersuchungen im rheinischen Braunkohlegebiet
könnten eine Vorstellung von der Besiedlungsdichte
geben. Dort ziehen sich entlang des Merzbaches die
Siedlungsstellen fast ohne Unterbrechung hin156.
Überträgt man dieses Modell auf das Untersu-
chungsgebiet, so erscheint die Linearbandkeramik
hier extrem unterrepräsentiert. Bei einem Vergleich
mit Böhmen und dem Mittelelb-Saale-Gebiet zeigt
sich ein ganz anderer Sachverhalt. In Böhmen157 läßt
sich eine Besiedlungsdichte von etwa 0,04 Fundstel-
len pro km2 errechnen, exakt den gleichen Wert
erreicht das Mittelelb-Saale-Gebiet158. Im Isarmün-
dungsgebiet kommen wir auf 0,076 Fundstellen pro
km2, also beinahe auf das Doppelte. Natürlich sind
solche Rechenexempel nicht allzu ernst zu nehmen,
155) Hier sind drei Funde zu nennen: möglicherweise vorneolithischer Nukleuskratzer von Natternberg-Mainkofen
(Verhandl. Hist. Ver. Niederbayern 102, 1976, 32 Nr. 7681), vielleicht vorneolithisches Kernbeil von Fundstelle
Michaelsbuch 16 (Mus. Deggendorf ohne Inv. Nr.) und ein wohl paläolithischer Schaber von Steinkirchen-
Fehmbach (Bayer. Vorgeschbl. 15, 1938, 90). - Durch Begehung von F. Weinschenk kristallisieren sich in
allerjüngster Zeit wenige paläolithische Fundstellen am Rand des Bayerischen Waldes heraus. Vgl. allgemein K.
Schmotz, Archäologie im Landkreis Deggendorf 1979—1981 (1982) 13.
156) Bonner Jahrb. 174, 1974, 498.
157) Die Berechnung erfolgte aufgrund der Verbreitungskarte der böhmischen Linearbandkeramik: I. Pavlü u. M.
Zäpotockä, The current state and future aims of the study of the Bohemian neolithic cultures. Pamätky Arch. 70,
1979-2, 281 ff. u. Abb. 1.
158) Nach H. Behrens, Jungsteinzeit 35.
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1. DIE BESIEDLUNG WÄHREND DER LINEARBANDKERAMIK
Wie in weiten Teilen Mitteleuropas beginnt auch im
Untersuchungsgebiet die ständige Besiedlung mit
der Linearbandkeramik. Wegen der bisher äußerst
seltenen Belege155 für vorneolithische Aktivitäten —
sehr gering ist mittleres bis spätes Paläolithikum
vertreten, Mesolithikum fehlt ganz — soll die Unter-
suchung der Besiedlung mit dem älteren Neolithi-
kum beginnen.
Die Linearbandkeramik ist mit insgesamt 23 Fund-
stellen vertreten, d. h. ganze 5,37% des Gesamt-
fundstellenbestandes gehören dem Altneolithikum
an (Abb. 32). Das Verhältnis zwischen den Anteilen
des Gäubodens und des Tertiärhügellandes beträgt
15 : 8. Damit ist der Gäuboden etwa doppelt so stark
vertreten wie das Tertiärhügelland, doch erscheint
er wegen seiner wesentlich größeren Fläche eher
unterrepräsentiert.
Die Entdeckung der linearbandkeramischen Fund-
stellen geht zu 65,21% auf das Konto von an der
Oberfläche aufgelesenem Material, mit jeweils
13,05% sind Grabungen bzw. Bergungen bei Bau-
maßnahmen beteiligt, und von Kies- und Lehmgru-
ben stammen 8,69%. Die einzigen systematischen
Grabungen in linearbandkeramischen Siedlungen
wurden von P. J. R. Modderman in Otzing (Otzing
10) und von L. Kreiner bei Frammering (Framme-
ring 17) durchgeführt. Die Otzinger Grabung mußte
aber wegen stark gestörter Befunde, hervorgerufen
durch wiederholte Nutzung des Platzes im Neolithi-
kum und in den Metallzeiten, rasch aufgegeben wer-
den, und in Frammering wurde nur eine kleine
Fläche mit ähnlichen Schwierigkeiten untersucht.
Leider sind Dokumentation und Fundzuweisung der
Grabungen auf dem Natternberg, die ganz überra-
schend neben metallzeitlichen Siedlungsbelegen
auch Linearbandkeramik erfaßten (Natternberg 24),
so ungenügend, daß die Funde nur noch den Wert
von Lesefunden haben. Wir besitzen also keinen
einzigen gut dokumentierten Befund, geschweige
denn einen geschlossenen Fund. Die bis Ende 1980
bekannten Fundstellen wurden etwa im gleichen
Rhythmus entdeckt wie die Fundstellen aller Perio-
den zusammen, so daß der starke Anstieg nach 1970
nicht auf besondere Umstände zurückgeführt wer-
den kann (Abb. 33).
Ob dieses Verbreitungsbild wenigstens in der Ten-
denz prähistorische Zustände wiedergibt, ist sehr
schwer zu beurteilen, da kaum Vergleiche mit ande-
ren Räumen möglich sind. Lediglich die intensiven
Untersuchungen im rheinischen Braunkohlegebiet
könnten eine Vorstellung von der Besiedlungsdichte
geben. Dort ziehen sich entlang des Merzbaches die
Siedlungsstellen fast ohne Unterbrechung hin156.
Überträgt man dieses Modell auf das Untersu-
chungsgebiet, so erscheint die Linearbandkeramik
hier extrem unterrepräsentiert. Bei einem Vergleich
mit Böhmen und dem Mittelelb-Saale-Gebiet zeigt
sich ein ganz anderer Sachverhalt. In Böhmen157 läßt
sich eine Besiedlungsdichte von etwa 0,04 Fundstel-
len pro km2 errechnen, exakt den gleichen Wert
erreicht das Mittelelb-Saale-Gebiet158. Im Isarmün-
dungsgebiet kommen wir auf 0,076 Fundstellen pro
km2, also beinahe auf das Doppelte. Natürlich sind
solche Rechenexempel nicht allzu ernst zu nehmen,
155) Hier sind drei Funde zu nennen: möglicherweise vorneolithischer Nukleuskratzer von Natternberg-Mainkofen
(Verhandl. Hist. Ver. Niederbayern 102, 1976, 32 Nr. 7681), vielleicht vorneolithisches Kernbeil von Fundstelle
Michaelsbuch 16 (Mus. Deggendorf ohne Inv. Nr.) und ein wohl paläolithischer Schaber von Steinkirchen-
Fehmbach (Bayer. Vorgeschbl. 15, 1938, 90). - Durch Begehung von F. Weinschenk kristallisieren sich in
allerjüngster Zeit wenige paläolithische Fundstellen am Rand des Bayerischen Waldes heraus. Vgl. allgemein K.
Schmotz, Archäologie im Landkreis Deggendorf 1979—1981 (1982) 13.
156) Bonner Jahrb. 174, 1974, 498.
157) Die Berechnung erfolgte aufgrund der Verbreitungskarte der böhmischen Linearbandkeramik: I. Pavlü u. M.
Zäpotockä, The current state and future aims of the study of the Bohemian neolithic cultures. Pamätky Arch. 70,
1979-2, 281 ff. u. Abb. 1.
158) Nach H. Behrens, Jungsteinzeit 35.
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