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450 Plastik und Malerei in Siena.

seinem geöffneten Buche auf seine untenstehenden Ordensbrüder,
zwischen denen Averroes ermattet liegt, indem sein Buch von
einem Strahle des Heiligen vernichtend getroffen ist.

Nur Siena, die zweite Stadt von Toscana, die grade in der
ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts auf der Höhe ihrer Blüthe
stand, hatte, obgleich nicht unberührt von dem Einflüsse Giotto's,
eine grössere Selbstständigkeit und Bedeutung und erfordert ge-
sonderte Betrachtung.

In der Plastik war Siena gradezu eine Colonie der Pisaner
Schule und dadurch neben Florenz die Miterbin ihres Ansehens.
Als Niccolö Pisano dorthin kam, um die Kanzel auszuführen
(1267), war die Stadt so arm an bildnerischen Kräften, dass sie
drei seiner Gehülfen (nicht einmal die bedeutendsten) Donato,
Lapo, Goro *) durch Steuerfreiheit und andre Begünstigungen
dazu bewog, sich hier niederzulassen, und noch 1290 gesteht die
Stadtbehörde in einer Urkunde, dass ihr Dom ohne die Hülfe des
Giovanni Pisano nicht gut vollendet werden könne. Bald darauf
aber änderte sich dies und schon um 1300 war Siena so reich an
Architekten, Bildhauern und Goldschmieden, dass sie andern Or-
ten aushelfen konnte. Der Dom von Orvieto verdankte, wie die
Behörde der Stadt der von Siena gegenüber später anerkannte und
die Urkunden es bestätigen, von seinem Beginn an (1290) seinen
reichen bildnerischen Schmuck hauptsächlich Künstlern von
Siena**). Auch sonst finden wir solche an den verschiedensten
Orten Italiens beschäftigt. So jener Landus (Orlandus), des Pietro
Sohn, der, als Goldschmidt, Glockengiesser und Baumeister be-
rühmt, 1311 für die Krönung Kaiser Heinrichs VII. in Mailand
an Stelle der alten, nicht aufgefundenen eisernen Krone eine neue
machte und dann später wiederum als Goldschmidt lange in Neapel
festgehalten war, bis seine Vaterstadt Siena ihn 1339 dringend zur

*) Vergl. über die anscheinend sehr massige und mehr architektonische
als plastische 'Wirksamkeit dieser Florentiner die Notizen bei Milanesi
Documenti I. 154. Dieser Goro, Sohn des Ciuccio Ciati (j 1311) ist nicht
au verwechseln mit dem Seneser Goro di Gregorio, welcher 1323 die mit
11 Statuen und vielen Reliefs geschmückte Area di S. Cerbone in der Kath.
von Massa fertigte. (Cicognara III. 297 u. 408.)
**) Vgl. oben S. 198.
 
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