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Schneider, Wilhelm
Arbeiten zur alamannischen Frühgeschichte (Heft 3/4): Arbeiten zur allgemeinen Geschichte — Tübingen, 1976

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281

Die frühkarolingischen Säkularisationen und das
Kloster St.Gallen
Im fränkischen Reich ist unter Karl Martell und seinen Söh-
nen das Kirchengut in großem Umfang für staatlische Zwecke
eingezogen worden. Der Grund dafür hat einerseits darin gele-
gen, daß die Kriege der damaligen Zeit, insbesondere die im-
mer bedrohlicher werdenden Einfälle der berittenen und
schnell beweglichen Araber, die Schaffung eines Heeres von
gepanzerten Reitern verlangten, was nur dadurch erreicht wer-
den konnte, daß an Vasallen Land in großem Umfang verliehen
wurde. Zum anderen brauchten die Karolinger, um sich gegenü-
ber den anderen Großen durchzusetzen und die Herrschaft im
fränkischen Reich zu erringen, einer zahlreichen Anhänger-
schaft, die sie durch Landverleihungen gewinnen und an sich
binden mußten. Weil die erschöpften Krongüter nicht ausge-
reicht hätten, hielten sich Karl Martell und seine Söhne an
das Kirchengut, das ja zum großen Teil auf ursprünglichem.
Krongut beruhte. Karl Martell, unter dem die Staatsnot am
größten und Eile am nötigsten war, griff rücksichtslos durch
und nahm das Kirchengut, wo es zu finden war. Er zog Kirchen-
güter ein, um sie selbst zu vergaben, er besetzte auch Bistü-
mer und Abteien mit willfährigen Klerikern oder Laien, die
dann die Kirchengüter nach seinen Weisungen als Lehen und
Prekarien ausgaben. Er duldete ferner, daß seine Anhänger
und Günstlinge von sich aus Kirchengut an sich rissen.
Dies ist die von dem großen deutschen Rechtshistoriker Hein-
1 )
rieh Brunner zusammengefaßte Meinung 7, wie sie trotz mancher
Kontroversen im einzelnen von Paul Roth2 \ Georg Waitz^\
Konrad Ribbeck^' und Ulrich Stutz^ entwickelt und später
auch von Karl Hauck^ \ Heinrich Mittels2) und Hermann Gon-
8)
rad vertreten worden ist. In dem Lehrbuch der Kirchenge-
schichte von Bihlmeyer-Tüchle heißt es^:
Unter dem gewalttätigen Hausmeier Karl Martell (714-
741) erfuhr das Kirchengut eine starke Verminderung.
Weil das Krongut zur Schaffung eines Reiterheeres und
 
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