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Interessengemeinschaft Fortschrittlicher Künstler Hessens <Darmstadt> [Hrsg.]; Städtisches Ausstellungsgebäude auf der Mathilden-Höhe <Darmstadt> [Hrsg.]; Darmstädter Sezession [Hrsg.]; Darmstädter Gruppe [Hrsg.]
Der schöne Mensch in der neuen Kunst: internationale Ausstellung, 16. Juni bis 6. Oktober 1929, Darmstadt, Mathildenhöhe, Städtisches Ausstellungsgebäude — Darmstadt, 1929

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.24097#0009
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VORWORT

Das Objekt zählt nicht vor der Kunst, die das Einmalige zu einem Ewigen
wandelt. Die Kunst ist demütig vor dem Objekt, dessen Emanation sie ent-
zündet, wie sie selbst das Objekt mit der Dämonie ihrer Umformung anrührt.
Der Steinhaufen und das Abendmahl bedeuten dem Hebel der Kunst Ge-
wichte desselben Widerstandes. Aber in der Skala der Kunstwerke werden
sie verschieden markiert. Der Künstler-Mensch sagt von sich aus durch die
Wahl des Vorwurfes, so wie er anonym wird durch die Kunst. Die volle Reso-
nanz des Menschlichen fängt sich in dem Kunstwerk, dessen ganze Wirkung
erst damit und nicht durch die Kunst allein zu erklären ist.
Eine Ausstellung thematisch beschränken verschmälert ihre Basis ebenso,
wie es ihre Durchbruchskraft steigert. Eine besondere Ausstellungs-Idee
stellt neben das Formale der Kunst die eigne Welt des Objektes, dessen
Geheimnis nicht geringer ist als das der Kunst.

Auf dem Weg vom Ich in die Welt bildet der menschliche Körper die erste
Station. Für jede Demonstration im Dasein eingerichtet, als Werkzeug oder
Werkstoff, erfüllt sich an ihm das eigne und fremde Schicksal. An ihm wird
das Seelische Form und ablesbar wie an einem Manometer. Seine Form er-
leidet den Raum wie eine reich gegliederte Küste das Meer. Aus solch
innigem Kontakt erwächst eine variierte Beziehung, die immer den Be-
obachter zum Beobachteten macht. In der Kunst ist der Körper Hammer und
Amboß in einem, ist Jäger und Wild.

Die Distanz der Kunst erfaßt mehr von dem Mysterium des Körpers, als
die indiskrete Nähe der Wissenschaft. Der Körper, der uns so erschreckend
nah ist, kann im künstlerischen Abbild so fern rücken, daß unsere Sehnsucht
leidenschaftlich anspringt. Das Gegenüber des Menschenbildes, vom
Menschen geformt, muß zu einer Spiegelung führen, die auf vielfachen
Schichten vielfache Bilder erzeugt.

Die Ausstellung „Der schöne Mensch" ist ebensosehr (und noch mehr) eine
des nackten Menschen. Also des Menschen schlechthin, ohne Kosmetik und
 
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