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Interessengemeinschaft Fortschrittlicher Künstler Hessens <Darmstadt> [Hrsg.]; Städtisches Ausstellungsgebäude auf der Mathilden-Höhe <Darmstadt> [Hrsg.]; Darmstädter Sezession [Hrsg.]; Darmstädter Gruppe [Hrsg.]
Der schöne Mensch in der neuen Kunst: internationale Ausstellung, 16. Juni bis 6. Oktober 1929, Darmstadt, Mathildenhöhe, Städtisches Ausstellungsgebäude — Darmstadt, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.24097#0056
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Unsere neue Architektur, deren konsequenteste Verfechter Corbusier und
Gropius sind, läßt die Ahnung eines neuen Stils dämmern, der eines Tages
das Schönheitsbewußtsein zum Kult erhebt — verwandt den Ägyptern und
Griechen. E. VIEGENER, BILME WERL-LAND (SOEST)

Ich glaube, daß in unseren Tagen die Körper in Schönheit und Harmonie
jene der besten Epochen des Altertums erreichen, die wir kennen, obgleich
in einem sehr verschiedenen Geist und in einem weniger reinen Stil.
Aber ich frage mich, ob der sportliche Geist, der so viele schöne Frauen
durchdringt, nicht Gefahr läuft, wenn sie bis zur Ausübung der gewalt-
samen Sporte,des Fußballes z.B., schreiten,aus ihnen Athleten zu machen,
die in dem Bestreben, dem Manne gleichzukommen, das verlieren würden,
was zu allen Zeiten sie von ihm in Bezug auf Schönheit und Anmut unter-
schied und sie im Sinne der Form in einem Maße steigerte, bei dem für
ihn keine Frage sein kann es zu erreichen.

G. FRANCOIS, GENF

Wenn die Zeichen nicht trügen, so bereitet sich eine Renaissance der
Menschendarstellung in der Kunst vor. Nachdem die Futuristen damals in
ihren Manifesten Tod dem Mondschein und auch Tod dem Nackten in der
Kunst geschworen hatten — „es ist zehn Jahre lang verboten, Akte zu
malen!"; nachdem im Zeichen des Expressionismus und der abstrakten
Kunst Tod dem Gegenstand und jeglicher Beziehung zur Natur verkündet
wurde; nachdem, wenn die menschliche Gestalt dennoch in Erscheinung
trat, dies in der mehr oder minder starken Deformation geschah, im guten
wie im schlechten Sinne; nachdem sodann Verismus und Neue Sachlichkeit
den Menschen zwar darstellten, aber verbiedermeiert oder in penetranter
Naturalistik; — so müßten nach solchem Entwicklungsverlauf eigentlich
notwendigerweise die Ideale Wiederaufleben, die einen Hans v. Marees
ein Leben lang beherrschten, die Ideale, die sich um den hohen Stil in der
Kunst bemühen. Deren höchster Gegenstand wird immer der Mensch, der
kunstschöne Mensch sein. Es werden immer Formungen sein, die im Goethe-
schen Sinne „antikisch" sind, Schöpfungen, entsprungen aus der Verbin-
dung und dem idealen Gleichmaß von Abstraktion, Maß, Gesetz einerseits,
andrerseits aus Natur, Gefühl, Idee.

Eine Ausstellung „Der schöne Mensch" wird bedacht sein müssen, den
Menschen als Produkt der Kunst aufzuzeigen, als das mit den Mitteln der
Kunst, aus Form und Farbe geschaffene Gleichnis, das eine Sonderwelt
repräsentiert, unvergleichbar dem bloß Fotografie-oder bloß Naturschönen.
Die „Wege zu Kraft und Schönheit" sind nicht zugleich auch die „Wege
zur Kunst", aber sie können sich in einem glücklichen Schnittpunkt treffen
und zur Einheit werden. PROF. O. SCHLEMMER, DESSAU

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