ILES
27
Porträt des englischen Admirals
Hawser Trunion. Tttilkupfer des Berliner
Genealogischen Kalenders. i?ss.
doch ist das kaum der Fall; gerade
mitunter da, ivo Chodowiecki durch
das Motiv belehren wollte.
scheu Herr und Dame, der übertriebenen Form
mit gespreizten Gesten gegenüberstellt. Auch
in den vielen Modekupfern, die in den Al-
manachs aktuelle Torheiten der Kleider und
mehr noch der Frisuren illustrieren, tritt oft
genug ein leichter Spott zu Tage. In seinen
spätesten Geureblättern, als er die enge Tracht
des ausgehenden Jahrhunderts schildert, er-
innern die meist steifen und ungelenken Be-
wegungen des Berliners und seine langen
Proportionen schon an die späteren Bilder
eines Krüger; ja selbst die Chodowieckischen
Rokokodamen in bauschigem Reifrock und spitzer
Taille sind in Erscheinung und in Gesten aus-
gesprochen norddeutsch. Hier beginnt eine im
engsten Sinn Berlinische Kunst.
Neben den Illustrationen mit einer morali-
sierenden Tendenz kommen Almanachbilder
vor, die durch ihren Inhalt das Wissen um
die Welt erweitern sollen. Das sind die
Trachtenbilder aus früheren Zeiten, die Er-
findung der Buchdruckerkunst und der Natur-
zustand der Menschheit, der als ein primitiver
Ackerbau und die Verehrung eines Kultur-
bildes unter Bäumen geschildert wird. —
Auch der Titel-Kupser zu Blumenbachs Natur-
geschichte (1787) gehört in diesen Kreis: Zwei
Naturforscher stehen zwischen Präparaten und
toten Tieren am Mikroskop. — Endlich die
wie in dem „Taschenbuch
für Aufklärer und Nicht-
aufklärer auf das Jahr
1791" hat er im „exorzi-
sierenden Pater Gaßner"
in Tirol und in dem „Mag-
netiseur", der mit phantasti-
scher Geste ein junges Mäd-
chen in Hypnose bringt, ein
paar erstaunliche Kompo-
sitionen im Stil des Ama-
deus Hoffmann geschaffen.
— Weniger ernsthaft ist die
Tendenz in den „Heirats-
anträgen", welche im Göt-
tinger Taschenbuch für 1782
erschienen, oder in der Ge-
genüberstellung von wahren
und geheuchelten Gefühlen
im selben Jahrbuch von
1794. Wie drastisch ist
hier der vornehm gemessene
Tanz dem affektierten, die
schickliche Begrüßung zwi-
Porträt des Pastor Hermes >?).
Rötelzeichnung im Besitz der Frau Or. Ewald, Berlin.
27
Porträt des englischen Admirals
Hawser Trunion. Tttilkupfer des Berliner
Genealogischen Kalenders. i?ss.
doch ist das kaum der Fall; gerade
mitunter da, ivo Chodowiecki durch
das Motiv belehren wollte.
scheu Herr und Dame, der übertriebenen Form
mit gespreizten Gesten gegenüberstellt. Auch
in den vielen Modekupfern, die in den Al-
manachs aktuelle Torheiten der Kleider und
mehr noch der Frisuren illustrieren, tritt oft
genug ein leichter Spott zu Tage. In seinen
spätesten Geureblättern, als er die enge Tracht
des ausgehenden Jahrhunderts schildert, er-
innern die meist steifen und ungelenken Be-
wegungen des Berliners und seine langen
Proportionen schon an die späteren Bilder
eines Krüger; ja selbst die Chodowieckischen
Rokokodamen in bauschigem Reifrock und spitzer
Taille sind in Erscheinung und in Gesten aus-
gesprochen norddeutsch. Hier beginnt eine im
engsten Sinn Berlinische Kunst.
Neben den Illustrationen mit einer morali-
sierenden Tendenz kommen Almanachbilder
vor, die durch ihren Inhalt das Wissen um
die Welt erweitern sollen. Das sind die
Trachtenbilder aus früheren Zeiten, die Er-
findung der Buchdruckerkunst und der Natur-
zustand der Menschheit, der als ein primitiver
Ackerbau und die Verehrung eines Kultur-
bildes unter Bäumen geschildert wird. —
Auch der Titel-Kupser zu Blumenbachs Natur-
geschichte (1787) gehört in diesen Kreis: Zwei
Naturforscher stehen zwischen Präparaten und
toten Tieren am Mikroskop. — Endlich die
wie in dem „Taschenbuch
für Aufklärer und Nicht-
aufklärer auf das Jahr
1791" hat er im „exorzi-
sierenden Pater Gaßner"
in Tirol und in dem „Mag-
netiseur", der mit phantasti-
scher Geste ein junges Mäd-
chen in Hypnose bringt, ein
paar erstaunliche Kompo-
sitionen im Stil des Ama-
deus Hoffmann geschaffen.
— Weniger ernsthaft ist die
Tendenz in den „Heirats-
anträgen", welche im Göt-
tinger Taschenbuch für 1782
erschienen, oder in der Ge-
genüberstellung von wahren
und geheuchelten Gefühlen
im selben Jahrbuch von
1794. Wie drastisch ist
hier der vornehm gemessene
Tanz dem affektierten, die
schickliche Begrüßung zwi-
Porträt des Pastor Hermes >?).
Rötelzeichnung im Besitz der Frau Or. Ewald, Berlin.