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Schottmüller, Frida
Wohnungskultur und Möbel der italienischen Renaissance — Stuttgart: Verlag von Julius Hoffmann, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.61756#0018
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fand (Abb. 522/3). Genügten für kleine Türen im Bür-
gerhaus schmale eingelegte Bänder, deren Gesamtwirkung
keineswegs reizlos ist, wählte man bei größerer Pracht-
entfaltung plastische Friese und ornamentale oder figür-
liche Darstellungen für die Füllungen (Abb. 525 ff.);
oder aber, die malerische Holzeinlage mußte gelegent-
lich Nischen mit Figuren, Blumenvasen und offene
Schränke vortäuschen, in denen Bücher aufgestapelt lagen
(Abb. 520—21)J). Wie beim Möbel wurden solche —
für eine Tür durchaus nicht angebrachte — Motive im
16. Jahrhundert aufgegeben. Auch hier gewann orna-
mentale Schnitzerei in reichster Ausgestaltung die Vor-
herrschaft (Abb. 525—536). Doch kam daneben auch das

Man ist gewohnt, die Wohnkultur der Renaissance als
Einheit zu betrachten, aber nur die klare Architektonik,
die die Gesamtwirkung des Innenraums und jede ein-
zelne Form bestimmt, ist charakteristisch für alle Phasen
dieser Blütezeit. Die einzelnen Abschnitte sind überaus
verschieden, und eine bedeutungsvolle Entwicklung läßt
sich klar erkennen. Von einfachen Konstruktionsformen
und der Betonung der starren Mauer kam man zu reicher
Gliederung aller Flächen und zu ihrer entschiedenen Ver-
deutlichung durch Ausgestaltung und Verstärkung aller
Profile. Die bunte Farbigkeit trat allmählich zurück, sie
wurde gebändigt oder ganz ersetzt durch plastisches
Beiwerk. Das gilt von Wandverkleidung und Möbel,

Cinquecento wieder
zu strenger Form
durch die klare Be-
tonung einzelner aus-
drucksvoller Motive;
so in den Türen der
Uffizien, die Vasaris
Stiltendenzen aufs
Glücklichste zeigen
(Abb. 528 und 532).
Der Kirche blieb
während der Renais-
sance die kostbarere
Bronzetür Vorbehal-
ten. Den Anfang der
Epoche charakterisie-
ren Andrea Pisanos
und Ghibertis Erz-
türen am Florentiner
Baptisterium; den
Ausklang die Fassa-


Phot. Alhiari
8. F. Pesellino: Einfaches Schlafzimmer in Florenz um 1450
(Wunderheilung)
Paris, Louvre

dentüren am Pisaner Dom (Abb. 54). Als Besonderheit,

Wände mit einfarbigen Sammet-

von der Malerei wie
auch von der In-
tarsia. Der Zusam-
menhang aller Teile
wurde durch die
Gleichheit der Mo-
tive oder gleicher
Gliederung von Fuß-
boden und Decke
betont, oder diese
ward durch Verzie-
rung mit den Wän-
den dekorativ ver-
bunden. Die halb-
hohe Täfelung wurde
seltener, bedurfte
man einer Teilung
der Wände, ward
sie auf andere Art
erreichtJ). Auch
die Bespannung der
oder Seidenstoffen,

zeitlich zwischen den zwei Gruppen entstanden, ist die
merkwürdige Tür an der Libreria des Sieneser Doms,
die, als lockeres Flechtwerk aus bronzenen, geflochtenen
Stricken gebildet, abschließt und zugleich den Blick in
den Nebenraum gestattet.
h Zwei sehr schöne Türflügel mit rein ornamentalen Intarsien
aus dem Palast in Gubbio in der Sammlung Dr. Figdor T
in Wien (Abb. bei Stegmann, Kunst und Kunsthandwerk X.
1907, S. 124). Andere noch im Schloß von Urbino.

statt hier Verduren oder figurenreiche Bildwirkereien
anzubringen, ist bezeichnend für den Wandel des Ge-
schmacks. Zugleich verrät die prunkhaftere Ausstattung
den zunehmenden Reichtum und das Bedürfnis, ihn zu
zeigen.
]) Beachtenswert ist die senkrechte Teilung durch schmale
Seidenbehänge auf Tizians Venus von 1538 in den Uffizien
(Abb. bei Feulner, Kunstgeschichte des Möbels S. 91).

II. MÖBEL

Allgemeines
Mobiliar2), vom lateinischen mobilis abgeleitet, be-
deutet beweglichen Hausrat im Gegensatz zu dem, was
2) Allgemeine Literatur: Wilhelm v. Bode, Die italieni-
schen Hausmöbel der Renaissance (2. Aufl. Leipzig 1920). Von
allgemeinen Darstellungen am wichtigsten: Adolf Feulner,
Kunstgeschichte des Möbels (Berlin 1927) S. 77—120. — Ferner
H. Schmitz, Das Möbelwerk (Berlin) Taf. 75ff. Das Kunst-
gewerbe der Renaissance von G. S warze nski und W.Behncke
in Lehnert, Illustrierte Geschichte des Kunstgewerbes L, S.423 ff.

niet- und nagelfest im Wohnhaus ist. So dürfte das
Wort letzten Endes keine Anwendung auf eingebaute
Betten und Schränke finden, aber es fehlt eine andere
Lessing, Vorbilderhefte aus dem Kgl. Kunstgewerbemuseum
(Berlin 1889 — 1905) Heft 12 (Truhen), 14 (Möbel des 16. Jahrh.)
und 15 (Türen). A. G. Meyer, Tafeln zur Geschichte der
Möbelformen (Leipzig 1902 ff.). George Leland Hunter,
Italian Furniture and Interiors. (London und New York o. J.)
Hauptsächlich Mobiliar in amerikanischem und englischem Be-
sitz in beiden Ländern und in Florentiner Villen. Ebenso:

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