Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
INDER ZAUBERKÜCHE

Ich hörte einen leisen Schritt über mir, hin und her. Nur
wenn es ganz still im Bauhaus war — das war es in den
Spätnachmittagsstunden meist —, hörte ich diesen Schritt
über mir. Ich saß an dem großen Zeichentisch in meinem
Bauhausatelier und beschäftigte mich mit etwas Unmög-
lichem: der Quadratur des Kreises. Vor mir waren die
Schlüsselfiguren romanischer, gotischer, barocker Bau-
hütten ausgebreitet. Alle wiesen auf das Geheimnis hin,
ohne es auszusagen.
Wieder hörte ich den Schritt über mir. Über mir war das
Atelier von Paul Klee. Ich dachte an Paul Klees großen
Kater Fritzi. Er war wirklich ein sehr großer Kater,
Kreuzung einer Hauskatze mit einem Wildkater. Wäre
der Kater noch größer, menschengroß, so würde sein
rascher weicher Schritt wohl ähnlich tönen. Aber im
Bauhaus-Atelier war trotz aller Bevorzugung der Kater
Fritzi nicht zugelassen. Es konnte nur Paul Klee selbst
sein, der da über mir hin und her lief. Es war keine Un-
ruhe in diesem Gehen, sondern eine Gelassenheit. Viel-
leicht aber doch etwas von dem Hin und Her eines hinter
Gittern gefangenen Berberlöwen — mehr einer Löwin
freilich als eines Löwen —, der sich abgefunden hatte mit
dem Gefangensein und dessen gelassener Schritt den ab-
gesteckten Raum immer von neuem maß.
Jetzt schwieg der Schritt über mir. Ich stand auf, ließ
auf dem Zeichentisch alles liegen, wie es lag, schloß die
 
Annotationen