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DIE KUNSTFIGUR

Oskar Schlemmer war sehr niedergeschlagen aus Jena
zurückgekommen. In Jena hatte Gropius das neue Thea-
ter gebaut, einen kleinen Bau von vornehmer Sach-
lichkeit. Oskar Schlemmers Aufgabe war es, den Pla-
fond des Zuschauerraumes mit einem Deckengemälde
zu füllen.
Das große Deckengemälde war fertig. Aber Gropius
hatte soeben angeordnet, daß es wieder abgewaschen
werden müsse.
Ich fand Oskar Schlemmer in seinem Bildhaueratelier
auf einem Modellierschemel sitzen, ein Unglücksmann,
bleich, Schweißtropfen auf dem nacktrasierten Schädel.
Der Ausdruck des Gesichtes war der eines gescholtenen
Kindes, das nicht begreift, weshalb es gescholten worden
ist.
Mein erstes Gefühl war Zorn auf Gropius. Aber ich un-
terdrückte üin heftiges Wort. Ich war ja gekommen,
Oskar Schlemmer über die sehr schwere Enttäuschung
hinwegzuhelfen.
»Wer weiß, wozu das alles gut ist!« sagte ich.
»Ich weiß es«, sagte Oskar Schlemmer. »Mich klein zu
machen.«
»Nein!« sagte ich. »Gewiß will Gropius Sie nicht klein
machen. Gewiß nicht. Aber es ist eines der schwersten
künstlerischen Probleme unserer Zeit: die Verbindung
der Baukunst mit der Malerei.«
 
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