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UTOPIA

In Weimar haben wir fast ein halbes Jahr lang mit Maria
Marc, der Witwe von Franz Marc, zusammen gelebt.
Maria Marc arbeitete als Gast in der Weberei des Bau-
hauses, wie auch meine Frau. Der Gobelinwebstuhl mei-
ner Frau stand unweit des Gobelinwebstuhls von Maria
Marc. Maria Marc wohnte wie wir im Haus der Frau von
Stein, in dem eine behagliche Pension untergebracht
war. Wir wohnten unter dem Dach in der Mansarde, un-
ter uns Maria Marc in der »Maikäferschachtel«, wie sie
sagte. Das Zimmer war nämlich maigrün tapeziert. Die
Tapete sollte noch aus der Goethezeit stammen. Durch
das Fenster dieses Zimmers blickte Frau von Stein nach
der Bibliothek und wartete auf Goethe. In der »Maikäfer-
schachtel« w^aren keine Maikäfer, sondern Mäuse ^ wenig-
stens, als Maria Marc hier wohnte. Sie gehörte zu den
mutigen Frauen, die nicht schreien oder auf Stühle
und Tische springen, wenn eine Maus im Zimmer
ist. Sie war den Tieren zugetan wie Franz Marc und
liebte auch die Mäuse, die, wenn es Herbst wurde,
das Haus der Frau von Stein in eine Mäuseburg ver-
wandelten.
Eines Morgens rief uns Maria Marc in ihr Zimmer. Auf
dem Nachttisch lag ihr Hut. Der Hut hatte einen rings-
herum nach oben gewölbten Rand. In diesem Rand lief
wie in einem Karussell eine kleine graue Maus im Kreis
und konnte nicht herausfinden aus ihrer Rennbahn. Das
 
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