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DAS GLEICHGEWICHT

In den mit immer größeren Bedrängnissen einsetzenden
Notzeiten des Staatlichen Bauhauses in Weimar blickte
ich oft auf Johannes Itten. Er schien der ruhende Pol in
immer neuen Wirrungen. Schon sahen wir die Zeit
nahe, in der wir nicht mehr von einem &<2<2Vz'c/zen
Bauhaus reden könnten. Obwohl es kaum möglich schien,
daß wir dem Thüringer Staat zuviel kosteten, so war doch
die Inflationszeit mit ihrer sich täglich steigernden Geld-
entwertung eine furchtbare Bedrohung, die in das täg-
liche Leben eines jeden von uns eingriff. Elee, Lan-
dinsky, Feininger konnten wohl ab und zu gegen De-
visen verkaufen. Aber das waren mehr oder weniger Zu-
fälle, und viel von diesen Geldern ging an unsere Lehr-
linge und Gesellen für die tägliche Hilfe. Um die Arbeit
der Bühnenwerkstatt aufrechtzuerhalten, verkaufte ich
mein großes Bild von Leger, das berühmte »Nackte
Modell im Atelier«, an das plötzlich auftauchende »öst-
liche Bollwerk des Expressionismus«, den dicken Onkel
Dolf, der sogleich wieder von Theodor Däubler schwärmte
und von dessen nächtlicher Vorlesung aus dem »Nord-
licht«, an dem Onkel Dolf freilich in so völliger Besäufnis
teilgenommen hatte, daß er gewiß nur im Trancezustand
Däubler gehört hatte, gegen ein Butterbrot. Aber es half
der Werkstatt und den Mitarbeitern doch einige Zeit.
Klee bezeichnete seine Bilder mit den Bemerkungen »für
Amerika reserviert« und »für meine Frau reserviert«.
 
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