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DAS GLEICHGEWICHT

Georg Muche arbeitete unermüdlich an den Entwürfen
für das Haus der doch schon utopischen Bauhaussiedlung,
um es wenigstens für die geplante Bauhausausstellung
1925 zu retten. Diese Ausstellung schien der letzte Hoff-
nungsstrahl, das Bauhaus irgendwo — aber wo? — weiter-
zuführen. Gropius hatte die geistige Grundlage des Bau-
hauses vom Handwerk auf die Industrie umgestellt. Ge-
rade diese für eine ungewisse, hoffentlich nahe Zukunft
vorgesehene Veränderung beunruhigte die Werkstätten
sefnp uns »freie Künstler« nicht minder. Ruhe bewahrte
nur Itten. Er strahlte die Ruhe auch aus. Es war nicht nur
seine feste Schweizer Natur, die das vermochte. Er hatte
auch seit langem seine ihn erfüllende geistige Welt, die
mit dem Wort »Mazdaznan« nur nach einer am Bauhaus
oft grotesk wirkenden Seite sichtbar war. Itten war vor
allem in seinem Unterricht so völlig seines Weges sicher,
daß ihn nichts wanken machen konnte. Daß seine
Erkenntnis ein kunstpädagogisches Weltereignis sei,
wußte er mit Sicherheit. Sollte in Weimar ein Abschluß
kommen ohne ihn — er würde sofort eine einflußreiche
Berufung an anderer Stelle erhalten. Für seine eigene
künstlerische Arbeit hatte er eine Distanz zu den anderen
Meister-Ateliers gelegt. Sein Atelier war mitten im Park,
war das sogenannte Tempelherrenhaus aus der Goethe-
zeit.
Ruhe strahlte außer Itten nur noch Gertrud Grunow aus,
aber nur in ihrem Unterricht. Sie selbst war außerhalb
des Unterrichts die hilflose alte Frau, als die sie sich
 
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