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Kleine Galerie Walter Schüler (Berlin); Granger, Patricia [Ill.]; Camaro, Alexander [Ill.]
Patricia Granger, Alexander Camaro: Ausstellung August - September 1947 : Malerei und Graphik — Berlin: Kleine Galerie Walter Schüler, 1947

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https://doi.org/10.11588/diglit.70685#0005
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ALEXANDER CAMARO. In der Kontinuität einer legitimen geschichtlichen
Entwicklung stehen und dennoch den großen, den entscheidenden schöpferischen Sprung
wagen, der ins eigene und unverwechselbare Zentrum personalen Welterlebens zielt, —
dies ist in den Arbeiten dieses Künstlers geschehen. Die Herkunft von Edvard Munch
vor allem, aber auch von Matisse und Chagall verleugnet sich nicht. Sie hat keinen Gründ,
sich selbst zu verheimlichen,- vielmehr hebt sich gegen solche echte Tradition das Weiter-
schreiten nur um so deutlicher ab und erweist sich als ein Vollzug von höchst bemerkens-
werter, geistig tief beglückender Art. Was in der deutschen Malerei nur außerordentlich
selten sich ereignet, findet sich in den Werken dieses Künstlers: ohne auch nur im gering-
sten an sinnlicher Kraft und Weltfreude einzubüßen, verwandelt sich Mensch und Ding in
eine Ironie, die dem Gegenstand und Motiv alle thematische Zufälligkeit nimmt und beides,
Mensch und Ding, ebenso graziös wie entschieden dem Geist einverleibt. Vielleicht über-
schätzen wir diesen Maler nicht, wenn wir behaupten, daß er der erste unter den deutschen
bildenden Künstlern ist, dem Farbe und Zeichnung zu Mitteln einer Ironie geworden sind,
die wir in der Dichtung, aus dem Wort, aus der Sprache schon seit langem unser eigen
nennen dürfen. Und es bedarf keines besonderen Hinweises, daß die Bilder und Zeich-
nungen Camaros keinesfalls das sind, was wir, leicht verächtlich, „literarisch" nennen. Ist
man geneigt, solcher Ironie, wie sie sich hier aus dem Wesen der Farbe und dem Sniel
der Linie entfaltet, zuzustimmen, dann wird man auch schon bald die weitere, nicht weniger
erfrischende Entdeckung machen, daß Camaro zu den wenigen jungen Künstlern gehört,
die noch teilhaben an dem Geheimnis und Wirken des aus abendländischer Substanz zu
verstehenden Eros. Ironie und Eros sind einander begegnet und verleihen den Erscheinun-
gen den Glanz des Ursprunges und die Reife der Späte. Ein solches Ineinandergreifen
läßt zwar die Frage, wohin der Weg weiterführt, als recht spannend und begreiflich er-
scheinen. Die Antwort aber auf sie liegt tief geborgen in der faszinierenden Entwicklung,
 
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