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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0032

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XXVIII

Vorrede.

Abdruck, sein unmittelbares Erscheinen ist die Sprache. Daruni muss auch nothwendig der
Semitische und Indo-Germanische Sprachstamm den passendsten Höhemesser für die Ent-
wicklung der menschlichen Sprache überhaupt, abgeben. Das Bildungs -Princip beider
Sprachstämme, wie aller Sprachstämme überhaupt wird vieles mit einander gemein haben,
weil es bedingt wird durch die Einheit der menschlichen Denkgesetze oder der Logik.
Wie aber die Einheit der Logik die besondere Ausbildung des Denkens, die schärfere
und stumpfere Begriffs-Bestimmung, die reichere und ärmere Begriffs-Verkettung nicht hin-
dert, so hat sie auch die verschiedene Ausbildung der Sprachstämme zugelassen. Jene
logische Einheit ähnelt gewisser Maassen dem gleichen Frucht-Keime, welcher unter ver-
schiedeneu Verhältnissen sehr verschiedene Gewächse hervortreibt. Mangel und Reichthum,
Bedürfniss und Ergänzung in den Erzeugnissen einer Gattung und einer Art lassen aber
für die Wissenschaft durch Satz und Gegensatz die wahre Beschaffenheit derselben er-
kennen. Wo der Semitische Sprachstamm das Ende seiner Bildung erreicht hat, da sehen
wir den Indo - Germanischen noch mit ungeschwächtem Triebe über ihn hinausgehen und
ein reiches Formen-Spiel erzeugen. Die Eigenthümlichkeit des Positiven in dem Indo-
Germanischen erhält jedoch erst durch den Vergleich des Negativen im Semitischen ihr
volles Licht. Auf gleiche Weise muss das Koptische, mag es sich zu jenen beiden Stäm-
men wie Stamm oder Zweig verhalten, durch den Vergleich mit ihnen auf die ihm ge-
bührende Stufe der Bildungs-Höhe gesetzt und umgekehrt die BeurÜieilung jener beiden
Stämme durch den Vergleich mit dem Koptischen näher bestimmt werden. Sollte die Kop-
tische Sprache sich als einen ächten Abkömmling des alten Aegyptens bewähren, so
dürfte man auf jenen Vergleich um so gespannter sein, je bedeutender die Stellung war,
welche Aegypten einstmals in der alten Welt eingenommen hat.

Um die nöthigen Vergleichungs-Piincle für das Koptische zu gewinnen, Hess ich
in meinem Buche die Bemerkungen über den Semitischen und Indo - Germanischen Sprach-
bau vorausgehen. Ich ging bei dieser Betrachtung von der Lehre der vornehmsten Gram-
matiker dieser Sprachen aus. Im Fortgange der Untersuchung eröffneten sich mir aber
neue Ansichten. Es sei mir hier vergönnt, die Aufmerksamkeit der Sprachforscher auf
einige derselben zu lenken, die, wenn sie als wahr befunden werden, auf die Gestaltung
der Grammatik einen bedeutenden Einfluss ausüben dürften.

Man hat oft in mehren alten Sprachen, namentlich in der Hebräischen und in dem
Sanskrit noch das Schaffen des Ursprach - Geistes wahrzunehmen geglaubt. Nach meiner
Ueberzeugung enthalten sowohl die beiden genannten Sprachen als auch deren Schwestern
mit Ausnahme weniger Formen nur noch die Trümmer einer Ur-Bildung, in deren voll-
ständigerer Erhaltung bald die ersteren von den letzteren, bald die letzteren von den er-
steren übertroffen werden. Die Urbildung lässt sich indess auch Annäherungs-Weise wie-
derherstellen theils durch einzelne, vollkommen erhaltene Ueberreste der ältesten Formation,
 
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