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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0063

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Einleitung.

1)

also Knepli-Amun den ersten und allumfassenden Gott der Aegypter, den Anfangs- und Endpunkt,
die eigentliche Seele ihrer ganzen Religion, wenigstens in einer langen Zeit und in einem grossen
Theile Aegyptens ausmachte1), ward nicht nur die Einheit des Kneph und Amun vonJablonski völlig
übersehen, sondern auch das Wesen dieser Gottheit so ganz verkannt, dass er denselben mit Zu-
grundelegung eines ganz einseitigen und eben dadurch irrigen Begriffes des Griechischen Zeus und
mit einem wahrhaft unbegreiflichen Uebergehen der wichtigsten Beweisstellen zu einer blossen, dürf-
tigen Constellation der Sonne im Widderzeichen herabdrückte. Dieses Verkennen Arnims in seinem
wahren Wesen musste nothwendig auf die Gestaltung des religiösen Systemes der Aegypter bei
Jablonski und denen, die ihm als ihrem Führer folgten, einen eben so nachtheiligen Einlluss ausü-
ben, als das Nichtkennen Brahma's und Parabrahma's in einer Darstellung der Jüdischen Religions-
systeme zu einem gänzlichen Fehlgreifen verleiten würde. Dieser Missgriff musste sich besonders
da bemerkbar machen, wo es um Aufstellung der obersten Priucipien in der Aegyptischen Religions-
lehre zu thun war.

Ueberblicken wir auch hinsichtlich dieses Beispieles die Arbeiten späterer Gelehrten. Was
die Stelle des Hekatäos betrifft, welche durch sich und durch die Verbindung mit anderen Stellen
nicht nur für die Theologie des Amun, sondern wegen des Umfanges des durch diesen Gott darge-
stellten Begriffes für die gesammte Aegyptische Theologie überhaupt von fundamentaler Wichtigkeit
ist, so muss es gewiss überaus befremden, dass man sie, so viel ich weiss, bisher in allen grösseren
Werken über die Aegyptische Mythologie unbeachtet gelassen hat2). Die zweite Stelle über den
Gegensatz des Thebäischen Kneph gegen die Götter der übrigen Aegypter entging dem Scharfsinne
der Herren Görres und Hug nicht. Jedoch wurde sie nur theilweise und bei weitem nicht erschö-
pfend behandelt. Herr Görres nämlich3) begründet auf sie und, wie wir glauben, mit Recht die
dritte Götterreihe bei Herodot, nämlich die der incarnirten Götter. (^Einseitig dürfte es jedoch sein,
nur diese einzige dritte Götterreihe in der Aegyptischen Religion zulassen zu wollen). Der letz-
tere Gelehrte, der ihrer nur beiläufig4) erwähnt, schliesst aus ihr, wie wir zeigen werden, mit
Unrecht, dass „den Thebäern Isis, Osiris u. s. w. nur Götter im uneigentlichen Sinne des Wortes
waren." Beide Gelehrte übersahen aber völlig die Schwierigkeit, wie dieser Gegensatz (^welchen
Görres überhaupt nicht als Gegensatz Thebäischer Theologie auffasste) zu erklären sei, da wir
docli durch die Schriftsteller des Alterthumes, so wie durch die Sculpturen der Aegyptischen Monu-
mente mit Bestimmtheit wissen, dass die in der Plutarcheischeu Stelle als sterbliche Götter be-
zeichneten Wesen, Osiris, Isis, Hör auch in Theben überaus heilig gehalten und dass ausser den

indagatore) etc. So sehr der Verfasser im Uebrigen Cliampollions Verdienste ehrt, so hatte ihn doch schon eine kurze
Erfahrung vollkommen überzeugt, dass man sich den mythologischen Ansichten Cliampollions nur mit der äussersten Vor-
sicht hingeben dürfe. Beweise werden folgen.

1) Ganz gegen die Unterscheidung der Thebäischen Dogmatik Iässt Bcseb. {Praepar. Er. III, 10. p. 107. Aiyvnrwi
de e^oixewv/ievoi tov avd'qa [sc. rov Jia naiSa Kqovov] {hvijrov 7ia).iv avrov (!>fto).oyovv, xara rovto ye <I>t)ivt£iv ofioy/wvovvrti;)
die Aegypter ihren Zeus für sterblich erklären. Welch ein Ungeheuer von Ansicht würde man erzeugen, wollte man
nicht zwischen Verschiedenheit der Meinung, der Zeit, des Ortes, des Kigenthümlichen und des durch fremden Eiufluss
Getrübten unterscheiden?

2) Es füllt diess um so mehr auf, da dieser Grundbegriff des Amun schon in Cudwobth System, intellect. ed. Mos-
heim I. p. 505. 513. 518. ganz richtig angegeben worden war.

3) Goebbks 3Iythengeschichte II. p. 393.

4) Hug Untersuchungen über den Mythus der berühmtesten Völker der alten Welt, vorzüglich der Griechen.
Freibg. u. Constanz. 1813. p. ISO. Note No. 6.
 
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