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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0097

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Einleitung. 43

anerkennen selten werden, dass, sage ich, solche Männer aus kleinlicher Eifersüchtelei sich die
Schätze der Aegyptischen Wissenschaft, sohald sie nur vorhanden und ihnen zugänglich warfen)
verkümmert hahen sollten? Denn hätten sie von ihnen Gebrauch gemacht und aus Nationaleitelkeit
ihre Verdienste verschwiegen, so würden wir, da ein unbedingtes Aufnehmen der Aegyptischen
Theorien bei 3Iännern von Hipparch's und Ftolemäos Selbständigkeit und wissenschaftlicher Aus-
bildung gar nicht denkbar ist, wenigstens, wie in der Tetrabiblos und deren Commentaren, die
Schwächen, die gemissbilligten Theiltf der Aegyptischen Lehren erfahren haben. Wir werden
tiefer unten unsere Meinung über diese auffallende Erscheinung aussprechen. Hier wollen wir nur
bemerkbar machen, wie nachtheilig das gänzliche Stillschweigen der älteren Astronomen für die
Kenntniss der frühern und eigenthümlichen Aegyptischen Astronomie sein muss. Denn hätten uns die
älteren Alexandriner Mittheilungen über die Aegyptische Astronomie gemacht, so würden wir die-
selben, wenn auch nicht mit unbedingtem, doch mit grösserm Vertrauen aufgenommen haben, weil
in der ersten Zeit der Ptoleinäerherrschaft die altägyptische Eigenthiiinlichkeit noch nicht so erschüt-
tert war, wie späterhin und namentlich die erst in ihrer Ausbildung begriffene Griechische Astro-
nomie keinen so grossen Einlluss auf die Umbildung oder Fortbildung der Aegyptischen Lehre haben
konnte. Hätte ferner ein Ftolemäos über ältere Aegyptische Beobachtungen solche Mittheilungen
gemacht, wie er es hinsichtlich der Babylonischen that, so würden wir ihm vollen Glauben haben
schenken können. Allein, wenn die Tetrabiblos und deren Scholien meist ohne besondere Zeitan-
gabe von Aegyptischer Astronomie und Astrologie reden, wie sollen wir dann wagen, die Gültig-
keit dieser Bemerkungen über das zweite nachchristliche Jahrhundert hinauszurücken, da wir die
sichersten Beweise in Händen haben, dass seit geraumer Zeit gar manches aus Griechenland und
Chaldäa sich in Aegypten eingebürgert hatte, Avas der altern Aegyptischen Lehre fremd war?
Ferner, wenn Männer einer noch spätern Zeit, wie Dio Cassius n. 229 nach Chr.) und Makro-
bius (b\. u. 420 nach Chr.) und andere über Aegyptische Astronomie berichten, wer bürgt uns denn
dafür, dass sie unter den Aegyptern nicht die älteren Alexandrinisch-Griechischen Aegypter ver-
standen, oder dass sie schon desshalb etwas für altägyptisch hielten1), weil es von dem grossen,
in Ptolemais Hermeju gebornen und zu Kanopos lebenden Ftolemäos gelehrt worden war? Es
würde daher ein eben so grosser Verstoss gegen die Kritik sein, wenn wir das, was in der Zeit
nach I'tolemäos schlechthin für Aegyptische Astronomie ausgegeben wird, ohne weitere Begründung
für die Lehre der Nationalägypter ansehen, als wenn wir das, was Alexandrinische Astronomen
lehrten^ als ein Eigenthum der Aegyptischen Priester betrachten wollten, ein Verfahren, wovor
uns Ftolemäos und vor ihm Sosigenes, dessen Hilfe sich bekanntlich Cäsar bei seiner Kalenderre-
form vorzüglich bediente und überhaupt das feste Jahr der Alexandriner hinlänglich warnen. In
der That giebt es über die eben gerügte Verwechselung des Alexandrinischen und Altägyptischen
kein einleuchtenderes Beispiel, als die Urtheile des Dio Cassius und Makrobius über Cäsar als
den vermeintlichen Nachahmer des festen Alexandrinischen Jahres und des Aegyptischen Jahres
überhaupt. Zu grösserer Verständlichkeit lassen wir zuvörderst Herrn ldeler über das feste Jahr
der Alexandriner sprechen 2).

„Wir finden nämlich in Aegypten seit dem ersten Jahrhunderte nach Chr. 3) eine der Julia-

1) Vergl. Si n,u-ha( 11 Geschichte der Griechischen Astronomie. Vorrede p. XVH. fgg. p. 321.

2) Idki.kh Hmiilbiich der Chronoliujie. I. p. 140. fgg.

3) 1uki.hu I. I. p. 161. seit 30 vor Chr.

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