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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0132

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78

Einleitung.

metich und sogar vor Sesostris gelten lässt. Ein blosses Berufen auf Aegyptische Monumenie der
Architectur hilft hier gar nichts. Denn selbst die Gleichzeitigkeit der Monumente mit den auf ihnen
gelesenen Königsnamen bereitwilligst zugestanden, so sind wir doch völlig im Unklaren, ob wir zi B.
in dem Bilde und Namen des Osiris auf einem angeblich Sesostrischen Monumente den Osiris des
Oharemon oder den des Jambliclios wieder erkennen sollen. Mochten die Grundlinien des Gemäldes
auch noch so früh entworfen sein, die volle Ausführung konnte leicht einer viel spätem Zeit ange-
hören. Was würden wohl Bearbeiter der Aegyptischen Archäologie sagen, wenn ein Hellenist sich
unterfinge, falls sich auf uralten Trümmern von Dodona Bild und Name des Zeus erhalten hätte,
beides nach der Theologie des l'roclos zu erklären? Soll überhaupt bei den Aegyptern eine Zeit
tat die andere zeugen, so könnte diess nur dann geschehen, wenn vorher auf das Gründlichste un-
tersucht worden ist, wie stark in den verschiedenen Zeiten bei ihnen die Bewegung eigenen Geistes
und der von aussen her empfangene Einlluss fremden Geistes gewesen sei. Hat man sich hierüber
nicht verständigt, oder fehlt es ganz an Mitteln sich hierüber zu verständigen, so wird man auch
schwerlich den Vorwurf beseitigen, dass man eine reiche Gegend zu betrachten und zu beschreiben
sich bemühe, über welche sich ein dicker Nebel gelagert hat. Sind also schon die Quellen dieser
Zeit, wie man wenigstens ohne vorher gegangene Untersuchung vermuthen muss, für die Erkennung
des altägyptischen Beligionszustandes ein sehr getrübter Spiegel, was soll man von denen sagen,
welche erst in bedeutend langer Zeit nach dieser Periode hervor zubrechen beginnen? Scribenten,
die 800 Jahre später als Herodot lebten, aus ganz anderen Quellen, als er, schöpften, eine ganz
andere Zeitgestaltung vor Augen hatten, können doch unmöglich berechtigt sein, eine gleiche Wäh-
rung wie er selbst oder die ihm zunächst folgenden Schriftsteller für seine oder gar eine noch frühere
Zeit zu haben? 3Ian sollte doch glauben, dass sie nicht nur wie alle übrigen bloss für ihre und
etwa für die ihr zunächst vorausgehende Zeit sprechen dürften, sondern dass sie auch im Betracht
des Ungeheuern Abstandes der Zeit und aller anderen Verhältnisse, besonders bei dem ihnen fast
gänzlich mangelnden Sinne für kritische Sichtung des Frühem oder Spätem nur noch überaus
wenig tauglich sein möchten, einen Abdruck des einst ihnen voran gegangenen Urbildes abzugeben.

Sollten diese Sätze, wie der Verfasser hofft, die Billigung des Lesers erhalten, so kann er
sich nicht genug wundern, dass sie hei der Bearbeitung der Aegyptischen Religion auch nicht im
Entferntesten berücksichtigt worden sind. Man hat vielmehr die Berichterstatter, die an tausend
Jahre aus einander liegen, völlig so genommen, als hätten sie eine und dieselbe Zeit, eine und die-
selbe Gestaltung der Aegyptischen Religion vor Augen gehabt. Ja, man hat sich damit nicht begnügt,
sondern ohne die allermindeste voraus geschickte Begründung diese einer so späten und dabei so
verschiedenen Zeit angehörenden Darsteller und Beurtheiler theils ausdrücklich, theils mit still-
schweigender Voraussetzung ihrer Gültigkeit, die Zeugen einer an 2000 Jahre vorhergehenden Reli-
gionsansicht sein lassen, so dass man aus den christlichen Kirchenvätern des dritten und vierten
Jahrhunderts abnimmt, was die Aegypter zur Zeit der Hyksos oder kurze Zeit nach deren Ver-
treibung über ihre Götter dachten. Bei dieser ihnen zuerkannten Allgemeingültigkeit war es aller-
dings völlig gleichgültig, ob man die Zeugen nach dem Verhältnisse ihrer Zeitfolge abhörte, oder
Ob man, wie es auch fast durchgängig geschehen ist, sie gleichsam wie aus einem Glücksrade her-
vor zog, ganz unbekümmert, ob Horapoll vor Herodot, Eusebios vor Hekatäos, Proclos vor Manethon
voraus gingen, Beispiele von diesem Verfahren aus den verschiedenen Schriften über die Aegyptische
Mythologie anzuführen, kann sich der Verfasser nicht entschliessen. Sie gewähren einen unerfreulichen
 
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