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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0138

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Einleitung.

mäer, Euergetes IL, Physkon, verfasst, geht, wenn wir ihr das höchste Datum zuerkennen, sieben
und achtzig Jahre, oder, wenn wir ihr mit Herrn Letronne x) das niedrigste geben, einige und
fünfzig Jahre vor Diodors Anwesenheit voraus, folgt also schon nach dem höchsten Datum Herodots
Anwesenheit in Aegypten 311 Jahre nach. Sind denn aber drei Jahrhunderte und zwar drei Jahr-
hunderte unter fremder Herrschaft verlebt, nicht Zeit genug, um zwei Göttinnen, die Herodot noch
nicht bei den Aegypten! antraf, aus der Ptolemäerheimat in die Aegyptischen Tempel zu ver-
pflanzen und mit aller Bequemlichkeit einheimisch zu machen? Durch Diodor und die Inschrift von
Seheleh wird also gegen Herodot schlechterdings nichts entschieden, eben so wenig als durch die
Ammonische Hera, welche nach Pausanias 3} die Eher vereinten. Denn wer sagt uns, ob diese
Hera nicht von Griechenland nach Aegypten überging, um von Aegypten als ursprünglich Aegypti-
sche wieder nach Griechenland zurück zukehren? Nun hätten sich wohl Champollion, ehe er zur
Hieroglyphik seine Zuflucht nahm, noch aus der Rüstkammer des Alterthumes stärkere Waffen zur
ritterlichen Verlheidigung seiner Göttinnen angeboten. Er hätte uns sagen können, dass laut Tlieo-
phrast 33 die Aegypter vor undenklicher Zeit in ihrer Religion von der Verehrung der Hestia aus-
gegangen seien und dass nach Manethon 4) der Aegyptischen Hera vor Alters Menschenopfer fielen,
welche durch Amosis mit Wachsbildern vertauscht wurden. Wie nun beide Stellen mit dem Aus-
spruche Herodots überein kommen mögen, diess zu erörtern, gehört nicht hierher. Es genügt, hier
bemerklich gemacht zu haben, dass, wenn anders die Aegyptischen Götter auf einem festen Boden
fussen sollen, dergleichen Fragen über das verschiedene Alter derselben erst auf eine gründlichere
Weise erledigt sein müssen. Allerdings hätte Champollion nicht nöthig gehabt, sich um die Zeug-
nisse des Alterthumes zu bekümmern, wenn das hohe Alter der Hestia und Hera sich so bestimmt
mit Hülfe der Hieroglyphik hätte nachweisen lassen. Allein gerade die hieroglyphische Geschichte
dieser beiden Göttinnen giebt ein warnendes Beispiel, sich nur mit der alleräussersten Behutsamkeit
den Forschungen der Hieroglyphiker, selbst der ausgezeichneteren, hinzugeben. Zu Nutz und From-
men derer, welche nur zu leicht auf ihre Worte zu schwören geneigt sind, werden wir tiefer unten
das Schicksal dieser beiden Göttinnen aus den Champollionischen Schriften mit wenigen erzählen.

Ein viel helleres Licht über den Entwickelungsgang der Aegyptischen Religion, als es durch
die Schriftsteller des Alterthumes zu erlangen ist, möchte wahrscheinlich durch ein mit kritischer
Genauigkeit unternommenes Studium der Aethiopischen und Aegyptischen Monumente selbst zu ge-
winnen sein. Allein hierzu reicht die Ansicht der verschiedenen Kupferwerke, so zahlreich und
vortrefflich sie auch sind, keinesweges hin. Denn weil deren Verfasser bei der Auswahl und Auf-
nahme der von den Monumenten abzuzeichnenden Sculpturen auch nicht im Geringsten von dem
Gedanken einer theologischen Unterscheidung, sondern lediglich von ihrem Künstlersinne geleitet
wurden, so lässt sich nun nicht mit Bestimmtheit aus ihnen ermitteln, ob die Götter, welche auf
den uns von ihnen nütgetheilten Bruckstücken nicht erscheinen, überhaupt auch in den ganzen T em-
pelsculpturen vermisst werden, oder vielleicht auf den anderen von dem Künstler nicht aufgenom-
menen Theilen eines Denkmales enthalten sind. Wollte man mit Zuverlässigkeit auf diesem Wege

1) Lrtronne Recherches p. 347 fgg.

2) Pausa.v. V. 16, 7.

3) Porphvh. de abstin. II. §. 5. p. 10G.

4) Porphyr, de abstin. II. §. 55. p. 200.
 
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