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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0141

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Einleitung.

87

zahlreichen Hieroglyphen scharf, bestimmt und mit einem grossen Ausdrucke von Frischheit aufge-
tragen. Dass diese Verschiedenheit der Kunstgebilde in dem Bezirk eines einzigen Monumentes
und der Gebilde mit dem 3Ionumente selbst nicht aus Einer Zeit hervor ging, springt in die Augen.
Herr Heeren, welcher schon vor längerer Zeit auf dieses Missverhältniss aufmerksam machte, hielt
„es für das wahrscheinlichste, dass Aegyptische Herrscher, welche als Sieger und Eroberer in
Nubien eindrangen, die schon vorhandenen, älteren Felsendenkmäler benutzten, um an ihren Mauern
das Andenken ihres Heldenmuthes zugleich und ihrer Religiosität zu verewigen Ich bin völlig
der Meinung des hochverdienten Gelehrten. Dieses Platznehmen einer spätem Zeit in einem ältern
Monumente konnte, wie wir sehen werden, auf zweierlei Weise geschehen, entweder, dass man
die noch nicht vollendeten Räume ausfüllte, oder dass man die schon überall mit Sculpturen bedeck-
ten Wände mit einem Ueberzuge von Stuck bekleidete und auf diesen die neuen Sculpturen auftrug.
Durchwandern wir zu unserem Behufe die urältesten dieser Baue.

Das kleine Felsendenkmal bei Derr zeigt beim ersten Anblicke, dass es in die graueste Aror-
zeit, in die wahre Kindheit Aegyptischer Architectur zurück zu versetzen sei. Auch wird dieses
Urtheil fast einstimmig von allen, die dieses Monument besuchten, ausgesprochen 2). Ein Theil der in
ihm enthaltenen Figuren ist von roherer Arbeit, als sie Burckhardt irgendwo in Aegypten gesehen 3).
Ein Theil, sage ich, denn die Sculpturen, welche auf den Ansichten bei Gau zu sehen sind, gehören
dem ausgebildeten Aegyptischen Style an. Sie wären also auch hier nach aller Wahrscheinlichkeit
das Werk einer verschiedenen Zeit. Diess ist um so glaublicher, weil die Königslegenden in ihm
den Namen Ramses enthalten4). Alle Monumente aber, welche diesen Namen tragen, gehören der
ausgebildeten Kunst Aegyptens an. Wir dürften daher vermuthen, dass in ein bei weitem älteres,
in rohem Style ausgearbeitetes Monument der Name und Titel des Aegyptischen Königs, des Be-
herrschers von Nubien mit der vollendeten Kunst seiner Zeit eingetragen wurde. Dass es unter
diesem Ramses selbst geschah, ist wenigstens am wahrscheinlichsten, weil sonst ein späterer Pharao,
wie es in den Aegyptischen Monumenten gewöhnlich ist, ausser dem Namen seines Vorgängers auch

1) HKBRKN hJeen 2. Th. 2. Abth. p. 384.

2) Light Travels in Egypt, Nubia etc. in the Year 1814. p. 77. Bltickiiaküt Travels in Nubia. Lond. 1819. p. 27.
the structure denotes remote nntiquily. The goods of Egypt appear to liave beeil worshipped here long liefere tlie.y ssere
lodged in (he gig;iu(ic temples of Karnac and Gorue, which are (o all appearauce the most aucieut temples in Kgypt- —
— — These pillars show the infancy of archltecture. Bkizoni Narrative of the Operations and recent discoveriei tn Kgypt
and Nubia. Lund. 1820. p. 210. Gau Kubische Den/aniiler. Pur. 1824. Bl. LI. LH. vergl. auch die Urtheile GaWs und
Iluyot's bei Letkoxxe. Cha.mi'OMJOx Briefe über Aegypten und Nubien, 9, Ilrief p. 78 sagt: „Endlich kamen wir am ^'3.
hinüber und gelangten ziemlich zeitig nach Derr oder Dem. Dort fand ich 7,u meinem Tröste einen hübschen (?) in den
Felsen gehauenen Tempel," ohne 1. I. und 11. Brief p. 94 fgg. über die Verschiedenheit der in ihm herrschenden Kunst
etwas ZU erwähnen.

3) HrncKHAKDT Travels p. 88. figures, they are of much rüder workmanshinp than any I have seeu in Egypt. Gau
bei LetiuiXNK. Quoiqne les monumeuts de l'Egypte et principaleinent ceux de la Nubie, ne nölis presentent pas encore, a
bieu les examiner, l'origine bu les premleres ebauches de l'art, et qu'il nous reste encore a (roiner ce qut a pu fourntr,
par exemple, le modele des colonnes que nous voyons dans an des plus ancieus monumens, celul de Girsche, ü est nean-
moins (res visible que l'art dans ce pays et principalement l'architecture et la sculpture, presente trois epoeques ins dis-
liuctes, c'est ä dire, un commencement, une peifection et une decadence. — A la preuiiere, qu'ant a ParOMt'ectnre se rap-
porteut les temples d'lbsamboul, de Derri, de Girsche etc. creuses dans le roc. etc.

4) ChampollioN Pre'ciS du Systeme Hieroglyphique p. 271. Desselben Briefe über Aegypten und Nubien .9. Brief.
p. 78. f'fi Brief, p. 94. (Chainpollion sammelte in den dortigen Bas-Reliefs die Samen und Titel von sieben Söhnen und
acht Töchtern Ramses des Grossen.) Roskijjxi Monumenti storici I. 1. p. 269. Ueb'er den Namen Ramses selbst kann kein
Zweifel herrschen. Ob es aber der von Ramses - Sesostris ist, lassen wir hiev dahin gestellt.
 
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