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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0142

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88

Einleitung.

zugleich seinen eignen hätte eingraben lassen. Die Rcligionsvorstellungen, für uns das Wichtigste,
scheinen äusserst einfach zu sein. Burckhardt erwähnt nur den Osiris und den Mendes-Priapos,
welcher kein anderer als der ithyphallische Amun ist. Die Abbildungen bei Gau zeigen nur Amuns
heiliges Schiff und den Osiris. Dieselben Götter nennt Champollion, indem er sagt „der Tempel
war von Sesostris dem Ammon-Ra, dem höchsten Gotte und Phre, dem Geist der Sonne geweiht."
Der zweiköpfige und vierarmige Briareus, wie ihn Burckhardt nennt, der nach dem Berichte der
Reisenden in den Nubisclien und Aegyptischen Monumenten oft als ein noch mehr gegliedertes Un-
geheuer vorkommen soll und den liier der König erlegt, ist gar kein dergleichen vielgliederiges Un-
geheuer, sondern nichts weiter als ein Haufen gefangener Feinde, welche der König mit der einem
Hand entweder am Haarschopfe oder an den Armen zusammen fasst, um sie mit der in der andern
Hand geschwungenen Waffe zu Boden zu schmettern. Nur der Mangel der Perspective in der Zeich-
nung Hess jenes vielgliederige Ungeheuer in dieser Gruppe erblicken, welche so oft an den ältesten,
wie au den jüngsten Monumenten wieder kehrt und durchaus nichts Mythisches, etwa einen Briareus-
Typhon, sondern lediglich die Niederlage der .Nationalfeinde Aegyptens darstellt. Trotz seines Irr-
thumes schloss doch schon Burckhardt aus der Aehnlichkeit dieses vermeintlichen Briareus mit den
noch jetzt dort lebenden Nuba's, dass die Gesichtszüge der den Aegyptern so verhassten und von
ihren Pharaonen besiegten Nomadenhorden dem Bilde zum Grunde gelegt und gleichsam auf den
politischen Typhon der dogmatische von den Priestern aufgetragen worden sei 2).

Fänden sich demnach wirklich nicht mehr Götter in diesem alten Monumente und namentlich
in seinen ältesten Theilen, so stellten sich uns dieselben Gottheiten dar, welche die Einwohner
von Meroe durch so lange Zeit allein verehrten3) und selbst ein siegender Bamses hätte für gut
befunden, diesen beiden Wächtern das alte Heiligthum zu überlassen und sich und seine Siege in
ihren besondern Schutz zu geben.

Unterhalb Derr liegen zwei andere Denkmäler, deren Ursprung gewiss in einem gleich hohen
Alterthume sich verliert. Das eine unweit Girscheh 4) stellt in seinen Sculpturen ein so merkwür-
diges Missverhältniss der Kunst und des die Kunst beseelenden Gedankens vor Augen, dass der
eine Theil dieser Gebilde unstreitig viele Jahrhunderte dem andern vorher ging. In den innersten
Bäumen nämlich sieht man das eine 31al fünf, das andere Mal vier Gruppen von Figuren, welche wir
unbedenklich für die ersten Inhaber dieses Baues halten dürfen. Die fünf Gruppen 5) sind bei Gau
so geordnet, dass sich oben vier Personen auf einer Bank sitzend zeigen, unter diesen aber zweimal
zwei Gruppen, jede von drei stehenden Personen. Drei der oben Sitzenden sind Männer, die vierte
Person ist eine Frau. Die untersten enthalten jedes Mal zwei männliche und eine weibliche Figur.

1) ChampoluojJ Briefe über Aeg. und Nub. 1. »rief. p. 05.

S) Burckhardt Travels p. 11G. In xnbia tlie ligure of liriareus has the hair of the hend cut like of the Arabs and
the Noubus with rings in tlie ears, exaoHjf resemblüig the JSoubas and inliabilants of Mailars at the present day. It is pos-
sible, (hat tbe Briareus may have origipated in sonie great Chieftain of tlie desert, vamuiished by tlie Jung of Egypt and
converted by die priesls iulo a many-lieaded inonsier, in couformity wjtb an adage current in tlie East i" speaking of
the Bedouin robbers: Cut off oue heaijj and a hundred will spring up in its stead. Vergl. 1. \. p. 87.

3) IIekodot. II, 29. Ol ev Meqoi] Aia ümv xcu Jiovvaov /wvrovq aeßovzou' tovtovs cSe fieya).o>g TifioiOi. Vergl. II, 42.
ui/taw Aiyvmini y.u),covoi rov Jia — ' Oniqcr dmvvaor etrai Uyovoi.

4) Burckhardt Travels, p. 107. (Gyiseheh) a temple cut out of tlie rock, wjricb present« a fine contrast to i(s
neighbour at Dakke, baviug been executed in tlie iufaucy of arolutectural art.

5) Gau Kubische Denkmäler. Bl. XXX.
 
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