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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0144

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90

Einleitung.

ein Theil der Sculpturcn und Hieroglyphen dieselbe rohe Ausführung wie der Tempel zu Derr
zeigtsind die historischen Bas-ßcliefs, welche einen triumphirenden König darstellen, von einer
künstlerischen Vollendung, wie sie Burckhardt in dem ganzen Nilthalc und selbst zu Theben nicht
gesehen zu haben versichert2). Also wiederum zwei ganz verschiedene Zeiten. Da wir nun durch
Champollion und ßosellini erfahren, dass die historischen Scenen in Girscheh und Calabscheh den-
selben Vor- und Eigennamen von ßamses enthalten, welchen die Königslegenden in dem Monumente
von Derr feiern, so sind entweder die ungleich roheren und offenbar durch die Länge der Zeit ver-
wischten Arbeiten in ein viel früheres Zeitalter vor diesem ßamses, oder die vollendetere Ausführung
in ein viel späteres Zeitalter nach ihm zu setzen. Als die ältesten Bewohner dieses Baues geben
sich in dem hinteren Gemache zwei Gruppen zu je drei Personen zu erkennen. Es sind beide
Male zwei Männer und eine Frau auf Bänken sitzend3}. Wir erblicken in diesen Figuren denselben
niedern Kunstgehalt, dieselbe elende Haltung, denselben nichtssagenden Ausdruck wie in den Ge-
stalten von Girscheh. In der einen Gruppe tritt uns Isis entweder mit Osiris oder dem durch den
Krümmstab kenntlichen Herrscher wieder entgegen, die dritte trägt ganz deutlich den Widderkopf4},
also Amuns Abzeichen. In den zwei Figuren der zweiten Gruppe lassen sich wohl Isis und ihr
Genosse, nicht aber, wegen Verstümmelung, der dritte Gott erkennen. So hätten wir demnach die
Götter Amun, Osiris, Isis aufgefunden, die, wie es scheint, in grauer Vorzeit als die schirmenden
Hüter des Nilthaies nebst einem vierten Gotte in diesen unterirdischen Felsentempeln verehrt wur-
den. Wer jedoch dieser vierte Gott war, der mehrere Male gleichfalls das Stierhaupt trägt, wird
sich vielleicht nie mit Bestimmtheit sagen lassen, da sämmtliche Figuren entweder nicht von Hiero-
glyphenlegenden begleitet 5), oder die Hieroglyphen äusserst verwischt sind.

Ist es nun nicht der Beachtung werth, dass uns von Diodor und Strabon vier Götter Aethio-
piens genannt werden e), von denen drei wohl keine anderen, als die eben genannten Amun, Osiris

1) Buuckhaiidt Travels, p. 116. The sciilptures and hieroglypliics on (he walls are of (he same rüde execution as
those at Den-. Vergl. Belzoni J$#rrafävi p. 60. Gau Kubische Denkmäler. BI. XII. XIII. uud Vignette 3.

2) Buhckiiaudt Travels, p. IIS. All diese subjeets are in bas-relief aud extremely well executed; they are (he best
speciniens of hislorical sculpture (hat I have seen in the Valley of (he Nile, even more spirited than (hose at Thebes.
Auch Obef dieses Missverhältniss der Kuns( such( mau vergebens eine weitere Mit'tfieilung in Champoi.uoxs Briefen über
Aegypten und Xubien; s. dessen II. llrief.

3) Gau Nilbische Denkmäler. Hl. XIII. e. g.

4) Gau Nubische Denkmäler. III. XIII, g.

5) BexzoNI Narraline. p. 71. Die sitzenden Figuren in dem Tempel von Girscheh sind without hieroglypliics or any
inscripliou. Auch auf Gau's Abbildungen zeigen sich in Calabscheh keine und in Girscheh nur geringe Spuren von Hiero-
glyphen für unsere Figuren.

6) Nach Herodol (s. uns B. p.SS. no. 3.) verehrten die Einwohner von Meroe nur zwei Götter, den Amun und Osiris.
Diono». Sic. III, 9 erwähnt nichts von den Göltern der Aediiopier iu Meroe, sondern sagt über die Götter der oberhalb
Meroe's Wohnenden AeÜHOßier folgendes: neqi <h O-aov ol ßev aviiirsQov Meno?]q oixovvrtq (.vvoiaq t/ovai öirraq. 'Y7to>.afißavovai
yaq rovq ßcv avrmv aioiviov t-/uv xai ayOaqTov ttjv rpvacv, olov i)).iov xai nelqvijv xai rov avpnavza xodfiov' rovq <Ss vo/ni^ovai
,9t/;tj/; waernq xcxoivoivijxerat xai Si ctQCTijv xai xoiv/jv ciq av&qmnovt tvtqyeamv rettv/evai rifuav aOxtratiav. Tr,v rs yaq Ioiv
xai rov llavu, nqoq & rovtoiq 'Hqaxha xai Aia aeflovrai, ^aliaxa vo/.uKofTeq vrto rovrotv evtjqyexijaOai ro toiv avOqmnoiv yevoq.
(Es folgen nun einige Notizen über die ganz rollen, atheistischen Aelhiopicr.)

Diodor lässt demnach diese Aethiopier Götter verschiedener Natur verehrt haben. Die einen, ihrer Natur nach un-
sterblich, waren von jeher im Besitze der göttlichen Würde gewesen, die anderen, zuvörderst sterblicher Natur, waren
durch die Wohlthaten gegen ihre Mitmenschen nach ihrem Tode zur göttlichen Würde erhoben worden. Zu den ersteren
gehörten Sonne, Mond und die ganze Welt, also von den bei Diodor genannien Göttern offenbar Isis und Zeus-Arnim.
Ungewisser sind wir in dieser Hinsicht über Pan und Herakles. Bedenkt man aber, dass nach Diodob (I, 18.) Pan von den
Aegypten! ausnehmend verehrt wurde, dass er in jedem Tempel sein Büduiss hatte, dass das Eigenthümliche dieses Bildes
 
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