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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0157

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Einleitung.

103

man nicht genug die Verhältnisse, unter welchen die alten Aegypter Tempel bauten. Es waren ja
keine Unternehmungen von Privatpersonen, sondern von Priestercollegien, bei denen die mächtigen
Herrscher, namentlich wenn es die Verewigung ihrer Siege galt, doch gewiss auch eine bedeutende
Stimme hatten. Wie soll man es nun irgend für wahrscheinlich finden, dass ein solcher Pharao in
so geringer Entfernung von Aegypten einen dergleichen Bau habe gleichsam von den elendesten
Dorfsteinmetzen beginnen und bis zu einer ziemlichen Strecke fortführen, dass er sich habe Statuen
setzen lassen, welche fast grob zugehauenen Blöcken gleichen und ihm, um mit Belzoni zu reden,
ein Gesicht gaben, so schlecht als man es nur einem breit gedrückten Aethiopischen Antlitze
entnehmen konnte, um dann Künstler an ihre Stelle treten zu lassen, die im Verhältnisse zu
jenen wahre Michel Angelo's waren? Ferner hätte doch die Ungebildetheit der Kunst nicht gehin-
dert, die einmal von der Religion fest gestellten Symbole der Gotter, wenn auch auf eine noch so
rohe Weise anzudeuten. Die gänzliche Unterlassung würde ein arger Verstoss gegen die Religion
selbst gewesen sein. Dennoch wäre diess hier geschehen. Die gehenkelten Kreuze, welche die
Götter auf den Sculpturen einer ausgebildeten Zeit stets in der einen Hand tragen, fehlen hier
gänzlich desgleichen die Kukuphaköpfe, welche auf den eben genannten Sculpturen, avo sie nicht
durch andere Symbole, z. B. einen Blumenkelch, ersetzt sind, beständig die Zierde der Götterstäbe
bilden. Doch abgesehen von allen diesen, welchen Vornamen trägt denn das Bild jenes alten Pharao?
Es ist wahr, die verblichenen Zeichen scheinen dieselben zu sein, welche den von Champollion und
Rosellini durch „Sonne, Hüterin der Wahrheit (oder Gerechtigkeit), gebilligt von der Sonne" erklär-
ten Vornamen ausmachten und in den ausgezeichneteren Sculpturen dieses und anderer Monumente
so oft wieder kehren. Allein, ohne uns dabei aufzuhalten, dass in unserm bei Gau vorliegenden
Namen s) die letzte Sonne nicht sichtbar ist, so fehlt gleichfalls der hinter dem Schakalskopfe
sitzenden Figur, ob schon diese unter allen am deutlichsten wahrnehmbar ist, die Feder auf dem
Haupte und zwar so, dass der nahe über dem Kopfe hinweg gehende Rand der ovalen Einfassung,
wenn anders die Zeichnung nicht irrig ist 3), gar keinen Raum für dieselbe übrig gelassen haben
würde. Gerade aber diese Feder ist es, welche allein, wie wir sehen werden, der Figur das
Gepräge der Sate-Juno, oder der Göttin der Wahrheit und Gerechtigkeit geben konnte. Demnach
Aväre auch hier der Vorname nicht derselbe. Aber lassen wir ihn einmal völlig denselben sein, folgt
etwa daraus, dass beide Bilder einen und denselben Pharao vorstellen müssten? Wir wenigstens
vermögen den zwingenden Grund nicht einzusehen. Es ist bekannt, dass die Aegyptischen Könige
zugleich mehrere verschiedene Namen führten *') und dadurch den gelehrten Hieroglyphikern, um

1) Sie tragen in der geschlossenen Hand eine Art Pflock und zwar wagerecht, so dass das Kreuz nicht daran be-
findlich gewesen sein kann. Damit man aber ja nicht eine Verstümmelung mnthmasse, so sehe mau die Köuigscolossen an
der Vorderseite des kleinen Denkmals von Ibsambol an, -welche ohne alles Zeichen von einer an dieser Stelle Statt gefun-
denen Beschädigung denselben Pflock tragen, während die daneben stehende Isis das gehenkelte Kreuz an die Brust drückt.
b. Gau Nub. Denkm. Bl. LV.

2) Gau Kubische Denkmäler, Iii. XXX, 1.

3) Mit welcher Genauigkeit der ausgezeichnete Künstler das Original wieder zu geben suchte, lese man in Nikbuhr
Inscriptt. Nubb. p. 1. Unter anderen über die Abzeichnung von Inschriften: Scilicet oculorum acte pollens, saepe etiara
extremis digitis pertenlaus, singulos litterarum flexus ila persecutus est, ut in iis, quae vis aeris corrosit, litteras olim in-
tegras haud secus agnoscas, quam si lapidem ipsum oculis subjectum teueres. Ac certe plurimpa vidi titulos, a viris, qui
eruditionis laude florent , in Graeciae Asiaeque regionibus descriplos atque in iis explicandis supplendisque animi causa ver-
satus sum: nemo tarnen fere mihi plus quam Gavius mens in hac ratioue satisl'ecit.

4) Gkorg. Svncki.. Chron. p. 03. dUnVfUH yctQ xai tqioivvhoi sroyUa^ov tiuv Aiyvjirtiav ol ßaoü.tii; ivqijvrat.
 
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