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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0161

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Einleitung.

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mordete, das alte strenge Priestersystem und die auf dasselbe gegründete Staatsverfassung stürzte
und höchst wahrscheinlich bei dieser Katastrophe den alten berühmten Tempel brach, an seiner
Stelle einen neuen in Griechisch-Acgyptischem Style, gleichsam als das Symbol einer neuen Zeit
aufführte und zugleich eine neue erweiterte Religion, das ist, die zwar verwandte, aber allsgebilde-
tere Aegyptische einführte. Auch hier zeigt sich wieder ein eigentümlicher Umstand. Auf den Ruinen
dieses neuen Tempels sieht man ebenfalls nur sehr wenig Götterbilder. Herr Cailliaud nennt Isis, Hör
mit dem Sperberkopfe und Osiris. Allein dieser so genannte Hör mit dem Sperberkopfe ist gewöhnlich
Osiris selbst. Sollte nun der vermeintliche Osiris des Herrn Cailliaud vielleicht Arnim mit seinem
Menschenhaupte und Federsclnnucke sein, den man, bevor man seinen hieroglyphischen Namen lesen
konnte, gewöhnlich (s. z.B. von MinutoIi"s Reise) für den Osiris nahm? Auf dem Schafte einer der
alteren Säulen dieses so genannten Mittelteinpels gewahrt man drei Götter. Eine Frau mit der
Scheibe auf dem Kopfe, ohne Zweifel Isis, der sperberköpfige Osiris, ein dritter, die Scheibe auf
dem Haupte, bewaffnet mit Schild und Schwert *), ist es vielleicht jener von den Griechen Herakles
benannte Gott? Dem Räume nach muss auf der Säule noch ein Götterhild gestanden haben und
dieses dürfte wohl kein anderes gewesen sein, als das jenes vor allen in Meroe hoch gefeierten Arnim.
Diese so oft wieder kehrenden vier Götter sind aber um so merkwürdiger, weil sie die Götter der
Automoii, d. i. der unter Psammetich nach Aethiopien ausgewanderten Krieger waren. Wäre also
unsere Vermuthung über die Anwesenheit dieser vier Götter in den Ruinen des Mitteltempels ge-
gründet, so ist es vielleicht nicht unwahrscheinlich, dass Ergamenes seine Revolution in Verbindung
mit jenen Aegyptischen Kriegern bewerkstelligt und alsdann deren Götter in Meroe eingeführt habe.
Dieses scheint von Slrabon bestätigt zu werden, der die vier Götter, welche Diodor nur den ober-
halb flleroe's wohnenden Aethiopiern zuschreibt, den Einwohnern von Meroe selbst zutheilt.

Wenden wir uns nun noch zu den übrigen Monumenten Meroe's. Unterhalb des heutigen
Chandy lag bei Naga wahrscheinlich Alt-Meroe, indem oberhalb Chandy bei Assur ausgebreitete, aber
leider zum grossen Theil unscheinbare Trümmer die Lage der Neu-Stadt anzukündigen scheinen. Hier
sind die zahlreichen Pyramiden, nach Styl, Ausführung, Material und 3IythoIogie grösstenteils einer
Jüngern Zeit angehörend; mehrere Tempelreste, eine Gallerie von Widdern 2). Von diesen Tempeln
bei Assur erhalten wir keine nähere JVacliweisung, wohl aber von jenen bei Naga, die mehr oder
weniger wohl erhalten sind und von denen Herr Cailliaud besonders zwei einer genauem Beschrei-
bung gewürdigt hat. Der eine, der kleinere, so genannte Westtempel3), enthält Arnim mit einer
Anzahl verwandter Götter und Göttinnen und übersteigt also die von Herodot und Strabon den
Einwohnern von Meroe zuerkannte Gütterzahl. Allein nicht nur seinem Materiale, sondern auch
der Zeichnung der Figuren nach scheint er uns offenbar eine sehr späte Zeit und einen Griechischen
Künstler zu verrathen. Die Zeichnung nämlich weicht gänzlich ab von dem bekannten Style der

1) C.um.iau» Voyage ä Meroe'. Vol. III. p. 145. Cn .nitre personnage, aussi debout avec le disque Mir la tote por-
tant un boueiier rond.j pu est une figure de face, ce qui iie se voit Jamals Sur les bpiicliers egypitens, de l'autre main il
tient une arme trarichante. s. Planches. Vol. I. pl. XXX, 6. Das Ganze ist einem Grauitbloclie zu Karnak sein- ähnlich,
an welchem sechs, sich an den Händen fassende Personen angebracht sind. Die drei abgebildeten zeigen den sperberköpfigen
Gott mit der Scheibe, die Giilliu mit Scheibe und Kuhhörnern und einen Aegyptischen König (s. De'script. de VEg. Ant. Vol.
d. PI. III. pl. vi.).

2) Cailliaud Voyage ä Meroe. Vol. II. p. 143 fgg. Vol. d. PI. XXXI. Hier auch Gewölbe, p. 159.
8) Cailuaud Voyage ä Meroe. Planches. Vol. II. pl. XIV. XVII.

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