Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0178

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
124

Einleitung.

gedenkt und deren Durchführung er ehen jetzt für ein Bedürfniss der Wissenschaft erachtet, wenn
er selbst als ein Wettkämpfer in die Schranken eintreten wollte. Seine Sache soll es nicht sein,
schlechthin auf neue Entzifferungen in diesem Gebiete auszugehen, sondern vielmehr den Reichthum,
welchen die Führer der hieroglyphischen Forschung bis jetzt aufgehäuft haben und mit jedem Jahre
mehren, kritisch zu untersuchen, das Gold avo möglich auszuscheiden von den irdenen Theilen, die
ihm vielleicht hier und da noch ankleben möchten, den kühnen Flug ihrer Salinen bescheiden nach-
zurechnen, mit einem Worte, das Wahre von dem Irrigen, wenn es sich treffen sollte, abzusondern.
Hierbei ist er jedoch weit entfernt, etwa ein Itepertorium aufstellen zu wollen für alle und jede
hieroglyphische Entzifferung, die in England, Frankreich, Italien, Deutschland und anders wo gemacht
werden könnte, sondern er wird es sich nur angelegen sein lassen, das Wesentliche, das, was ihm
eine wahre Berichtigung oder Bereicherung der Aegyptischen Alterthumskunde zu sein scheint, auf-
zunehmen. Endlich ist er auch keinesweges verblendet genug, zu wähnen, dass das, was ihm gar
nicht oder nur mangelhaft begründet zu sein scheint, es" in der That auch so sein müsse. Er wird
sich vielmehr aufrichtig freuen, wenn seine Einwürfe anderen Gelehrten Gelegenheit darbieten soll-
ten, die bestrittenen Gegenstände desto schärfer, genauer und über allen Zweifel erhaben dar-
zustellen.

Es ist bekannt, dass von den Häuptern zweier Schulen uns Bearbeitungen der Aegyptischen
Mythologie aus dem vorherrschenden Gesichtspunkte der Hieroglyphik vorliegen, nämlich die von
Champollion und von Seyffarth. Wie wir oben versuchten, eine Vorstellung von Herrn Seyffarths
mythologischen Ansichten im Bezug auf die Benutzung der alten Classiker zu geben, so erlauben wir
uns jetzt, den Leser einen Blick in die vornehmlich der Hieroglyphik entnommene Mythologie Chain-
pollion's werfen zu lassen, nicht etwa, um den Ruhm beider gelehrten Forscher im Geringsten anzu-
tasten, sondern theils, um darzuthun, dass ein aufmerksames Nachrechnen sich wohl nicht als ganz
erfolglos zeigen dürfte, theils und hauptsächlich aber, um durch die Einsicht in den Operationsgang
beider Gelehrten dem Leser einen schärfern Maasstab für die unbefangene Beurtheilung mancher
streitigen Punkte der Hieroglyphik selbst an die Hand zu geben. Dass das Champollionische Pantheon
durch den Tod seines Verfassers nicht völlig beendet wurde, kann unsere Betrachtung nicht im
Mindesten aufhalten, da Champollion, wie aus dem grössten Theile des Werkes ersichtlich ist, gleich
vom Anfange an die Fesseln aller Systematik abwarf und so mit nur ein beliebig grösseres oder
kleineres Aggregat Aegyptisch-theologischer Vorstellungen geben zu wollen schien. Wir wählen
unserm Versprechen gemäss i) die Erklärung der Aegyptischen Hestia und Hera. Zwar hat schon
Herr Klaproth in seiner Kritik der hieroglyphischen Forschungen Champollion's über die Aegyptische
Juno gesprochen2), Sachverständige aber werden wohl bemerken, dass die Darstellung des Verfas-
sers unabhängig von der des genannten Gelehrten bestehet.

An vielen Stellen der ersten Ausgabe seines Precis du Systeme hieroglyphique 3) macht uns
Champollion mit einer Göttin bekannt, deren unterscheidendes Abzeichen eine lange Feder oder ein
Blatt sei, welches sich über ihrem Haupte erhebe ^ *)• Das Bild begleite häufig ein Name mit

1) s. uns. Buch p. 84.

2) Klaprotfi Examen critique des travaux de Feu M. Champollion stir les Hie'roylyphes. P(»'- 1832. p. 55 suiv.

3) Champollion Precis du Syst. lüe'rotjhjpli. I e'dit. p. 99. 153. 214. 216. 217. 2S0. 231. 245. 3G2. 363.

4) Champollion Precis du Syst. Hieroglyph. I e'dit. p. 99. Uiie deesse dont les cliairs sont peintes tantöt en
vert tautöt eu jauue, mais dont le signe distinetif est uue grande feiiille, qui s'eleve au-dessus de sa coiffiire. Ibid. p. 214.
 
Annotationen