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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0486

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432

System der Hieroglyphik

geworfen hatten und selbst eine spätere, von dein Classischen so sehr abfallende Zeit hielt den
möglichst eingeschränkten Gebrauch der Aspiration für das Gepräge des feinern Ausdruckes 1).
Sonder Zweifel war es eben dieser nur bei einer beschränkten Anzahl Worte vorkommende Ge-
brauch 2) des gleichartigen Kehlhauchlautes, welcher die meisten Grammatiker und unter diesen einen
Nigidius Figulus, Varro und Macer bewog, sein Schriftzeichen nicht für einen eigenthümlichen Buch-
staben, sondern nur für das allgemeine Zeichen der durch die Aspiration bewirkten Wortmodifi-
cation anzusehen.

Doch wozu, wird man fragen, diese Erörterungen? Zu keinem andern Behufe, als um den
Grad der Wichtigkeit und Ausdehnung einzusehen, welchen die Griechen und Römer ihrem Kehlhauch-
laute zuerkannten. In beiderlei Hinsicht war dieser Grad nicht sehr bedeutend. Die Griechen, auch
ohne auf die Genossen der Aeolischen Mundart Rücksicht zu nehmen 3), suchten ihn im Fortgange
der Zeit immer mehr und mehr zu überwältigen und schoben ihn mit Beseitigung seines Schrift-
zeichens ganz aus der Reihe der Buchstaben heraus. Die alte Lateinische Sprache ging, wie Pris-
cian mit Recht bemerkt 4), bei ihrer nahen Berührung mit dem Aeolischen von der möglichsten
Sparsamkeit im Gebrauche des Kehlhauchlautes aus. Konnte sie sich auch nicht auf diesem Punkte
erhalten, so war doch das stete Streben der Sprachreiniger darauf gerichtet, den eingedrungenen
Fremdling, dem man die Ehre des Buchstabenwerthes nicht einräumen wollte, so viel sich thun
Hess, wieder zu verdrängen. Durch diese Gegenwirkung entstand aber im Lateinischen ein nicht
geringer Mangel an Uebereinstimmung in dem Gebrauche dieser Aspiration, welche die einen da an-
wendeten, wo sie die anderen unbeachtet Hessen. Dieser Mangel an Uebereinstimmung inachte sich
selbst in dein Munde einer und derselben Person und so gar bei Männern von der schrifstellerischen Be-
deutung eines Cicero geltend. — Indem wir nun zu erforschen im Begriffe sind, aufweiche Weise
die Hieroglyphenschrift den in den Griechischen und Römischen Wörtern vorkommenden Kehlhauch-
laut ausdrückte, so liegt der aus den voraus geschickten Bemerkungen hervor gellende Einlluss auf
die Beantwortung dieser Frage klar genug vor Augen. Sollte sich nämlich ergeben, dass die Hie-
roglyphenschrift bei dem Ausdrucke gewisser Griechischen und Römischen Namen den Spiritus as-
per und das H nicht durch besondere Zeichen darstellte, so würde hieraus durchaus kein vollgül-
tiger Schluss auf die in der Hieroglyphenschrift vorhandenen Aspirationszeichen zu ziehen sein.
Denn man stelle sich z. B. vor, die Aegypter hätten den Namen AzIPIANOC abzufassen gehabt
und hierbei nur die eben vorgelegten Griechischen Buchstaben ohne Aspiralionszeichen geschrieben,
wollte man dadurch beweisen, dass die Aegypter in der Hieroglyphenschrift überhaupt keine Zei-
chen einer Aspiration, sei es einer gleichartigen, sei es einer mehrartigen, angewendet hätten? Ge-
wiss nicht, da der Einwurf zu nahe liegt, dass sie entweder dem Beispiele der Griechen hätten

1) Mab. Victohiv. Art. Gram. p. 246G. Video vos saepe et orco et ulcano II literam relinquere, sed credo vos
antiquttatem sequi, sed cum asperites vetus lila; pfetalatJiri ad elegautioris vitae senuonisque est Iimam perpoljta, sie vos quo-
gue has voces sine H secimdum CÖnsuetudinem nostri seculi scribite.

2) Vgl. Phoc. d, Aspirat p. 1722. sqq. Eutych. ,1. Aspirat. bei Cassiodoü. p. 2311*. sqq.

3) s. uns. B p. 3S6. no. 3. — Ueber das Verhältniss des liöotischen Dialektes zu seinem Stammdialekte, dem Ae-
olischen im Betreff der Aspiration vgl. ISokcku Corp. Inscript. Graec. Vol. I. p. 719.

3) s. oben p. 386. no. 5. Quintiliak. Inst. Or. I, 6. 31. Continet autem in se multam eruditionem, sive e*
 
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