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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0491

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von Champollion.

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einsehen Sprache die Aeolische Mundart, deren Cliarakter in dieser Hinsieht darin bestand, dass
sie den harten Kehlhauch der übrigen Griechen (Spiritus asper, Fl) in den weichern Lippenlaut (F
Digamma} umsetzte J)- Ganz irrig würde man das Digamma eine Beraubung, eine Privation der
Aspiration nennen. Es blieb eine Aspiration, nur stieg diese von dem tiefern Gutturalhauche zu
dem lindern Gelispel des Labialhauehes empor. Das Digamma ist hervor gegangen aus 1 und sei-
nem Wesen nach übergegangen in'Y 2) und V. Diese drei Buchstaben standen in der nächsten
Verwandtschaft mit den Lauten OY 3) und 0 4), im welche sie vor gewissen Lauten von selbst
zeriliessen. Lassen wir nun das liieroglyphische \=0—OY nach Art des Digamma wirken, so
erhalten wir die Schreibart PhFilFipos; welche allerdings mit ihrem ersten Digamma eine unge-
schickte und unnöthige Häufung der Aspiration bildet, aber doch wohl in dem Streben des Auslän-
ders die Aspiration des Wortes in ihrem ganzen Umfange darzustellen und des Guten lieber zu viel
als zu wenig zu thun, Entschuldigung finden dürfte 5). Das zweite Digamma würde aber nur die
Dämpfung des in /jrjrog liegenden Spiritus asper sein und das Ganze, wenn ich nicht irre, dem <T>/A-

Priscian. p. 5420, so dass wir Oqvcv;, Orpheus, durch Orp'eüs d. i. mit vernehmbaremKeMbäncne hinter dem p auszudrü-
cken haben, wo wir freilich schlecht genug QrfettS zu sprechen pflegen. Daher sagte Passow mit vollem Rechte über
das <l> (im Lexic.') „der Mitlauter <1> entstand aus dem Lippenbuehstaben TL und dem darauf folgenden scharfe«
Hauche" elc. — Wegen des Ueberganges des Kehlhauches in den Lippenhauch im Deutschen u. Sanskrit vgl. Gaurn Deut-
sche Gram. I. p. 71. 148. 321. 403. Bopp Vergleichende Gram, des Sanskrit, Zend etc. p. 84. fgg.

1) Priscian. p. 545. V loco consonantis posita eaudem prorsus in Omnibus vim habuit apud Lalinos quam apurt
Aeoles Digamma F. Uude a plerisque ei nomeu hoc datur, quod apud Aeoles habuit olim F Digamma, id est, Vau 0), ab
ipsius voce profectum, teste Varroue et Didymo — — —. p. 547. Sciendum tarnen, qnod hoc ipsum (Digamma) Aeoles
fluidem ubique loco aspirationis ponebaut, effugientes Spiritus asperitatem. Xos auleiu in multis quidem, non tarnen in om-
Wbus, illos sequimur, ut cum dieimus, vespera, vis, vestis. Hiatus quoque causa solebaut illi interpoliere F Digamma, quod
ostendunt etiam poelae Aeolidae usi, Alcmau: xai -/u^a nvq rs SaFiov et Epigrammata, quae egomet legi in tripode vetus-

t'ssimo Apollinis--.sie scripta: J^oFaiav, AaoFaFoiv — —. In B etiam solet apud Aeoles transire F Digamma, quo-

ties ab q iueipit dictio, quae solet aspirari, ut (j^tw^, ßq^rrnq (Bekanntlich nur mit Einschränkung wahr, s. Bokckh Corp.
Inscr. Graec. Vol. I. no. 11. Staatshaush. II. p. ;ii)2. Schneider l. I. p. 864.) Ueber den angeblich dem Digamma zukom-
menden Laut des Latein. F s. Priscian. p.542. vgl. bei uns p 38G. no. 5. u. Qdinth,. I, 4. 14. Vgl. auch oben p. 428, 3. zu Ende.

2) Wenn auch Bouhier de prisc. Graec. et Latin. Ut. in Montfaucon. Valaeoyr. Gr. p. 554. sqq. 561.) Recht hat, dass
dem 1 in genetischer Hinsicht nicht das Y gegenüber zu stellen ist (vgl. Gesen. Gesch. d. Hbr. Sehr. u. Spr. p. 164.),
so hatte doch bei den alten Griechen das Y sehr vieles mit der Natur des aus ), F (Digamma) hervor gegangenen V ge-
mein. Denn nicht nur die Spuren von dem Uebergehen des Y in den Lippenlaut V, W (s. no. 5. u. Skvffarth de Sori. Ut- Gr-
P- 144. sqq. 551.; sondern auch der im jieolischeu Dialekte (s. Prisma*, p. 553. Bokckh Corp. Inner. Vol. I. p- 722, 7.),
Und im Lateinischen (S. Schneider l. I. p. 33. 38.) Statt findende Umlaut des Y in V, die formelle Bildung des Latein. V aus V,
dem ahenY(s.MAn.Victorin-, p. 2459.), die Gemeinschaft und Verwechselung des V, Oundü bei denThuskern, Cnibrerfl n. alten
Lateinern (Phiscian. '1. 1. Vbi» Long. p. 2215. Grotefend Rudim. Liny. Umbr. Part. II. p. 10. 14.), so wie der Um-
laut des Latein. U in V und ü (Ouintiuan I, 4, 8. ut in Iiis, Senilis et Uulyus Aeolicum Digamma desideratur, et medius
est quidam U et I literae souus; non enim sie Optimum dieimus ut opimum, vgl. 7, 21.) deuten an, dass die Lateiner an
dem Griechischen Y die doppelte Potenz des dunkeln Vocales 0, OY, U, Ü und des Lippenhauchlautes V wahrnahmen.

3) Man vergleiche nur die Namen: Varro, Ova(>ho>v, Bafätov; Livius, Aiovioq, Aißio;; Nerv-a, ]\reqova, Ntqßa- yer_
vi«s, ZtQovioq, Stqßtof, Servilius, 2eqovc).co<;, ^eqßdwg; Severus, Zeovtjqoq, Sfßqqoq; Verus, Ovr/qoi, Briqo?; Flavias, <l>).a-
°>"o;, 'Wawo;, 'lO.aßioq; Weser, Visurgis, OviaoQyoc;; Sueve, Schwabe, Suevus, Zovqßos um sich das Uebergehen dieser
Laute in einander und ihren allgemeinen sanften Lippenhauchlaut zu vergegenwärtigen. Vgl. Gbimm Deutsche Gram. I. p. 57.

4) Daher erklärt sich, wie für das Aeolische Digamma auch der blosse Vocal O gesetzt werden konnte ; s. Boeckh
Corp. Inscr. Graec. Vol. II. Fase. 2. p. 408. (Ueber den neuem Kretisch-Dorischen Dialect); prinuun Digamma, quod
dicilur, Aeolicum: Aioq urbs et fluvius solet OaJ0; diei, litera O illius soni vices gereute, in nummis habetur FASIJ1N et
CASIJ1N, quae diversae formae ejusdem literae sunt. Vgl. Lanzi Saggio di Lingua Ktrusca etc. T. I. avtft. i; VII. p. 106.

5) Findet man doch auch bei den Griechen hin und wieder eine überlliissige Häufung des Hauchlautes; vgl. Bokckh
Corp. Inscr. Graec. Vol. I. p. 25. (zu no. 9.) In voce AFYTO si abesset Y, diceres Digamma ejus loco positum esse:
nunc quum utrumque habeatur, Kmghtius (firolcg. ad Horn.') et Rosio nuntiante Ponso.vus quadratariura, utrum poneret
 
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