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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0493

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von Champollion.

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glyphen beilegen zu müssen glaubten, eigentlich ganz und gar niederzuschlagen und die Sache da-
hin zu erklaren haben, dass in den Fällen, wo wir dieselben als A, E, I, 0 wirken sehen, der
Wahrheit nach gar kein Vocal, sondern nur ein Kehlhauchlauter geschrieben sei, an welchen sich
der bei der Aussprache zu ergänzende Vocal anschlösse. So lehrt bekanntlich die Hebräische
Grammatik, dass in dem reinem Semitischen das N in A, E, I, 0, U ruhe, oder quiescire *>, was
doch wohl keinen andern Sinn haben darf, als dass es scheinbar in diese Vocale übertrete, da es
doch in Wahrheit fortwährend derselbe leise Kehlhauch war, mit welchem sich nur die ungeschrie-
benen Vocale bei dem grammatischen Umlaute der Stammform verbanden, bis es in dem getrübtem
Zustande der Sprache, wo die reinen Gutturalhauche gleichsam verdampften, entweder als ein stum-
mes orthographisches Zeichen stehen blieb, oder sich in ein wahres Vocalzeichen verwandelte, wel-
ches nun nicht bloss das seiner Natur am nächsten liegende A, sondern auch die übrigen Vocale
darstellte, die früher nur in oder an ihm geruht hatten 2). Im Betreff unsrer Hieroglyphen lassen
sich nun zwei Fälle denken. Nämlich entweder hält man sie für eigentliche Kehlhauchlauter, wel-
che diesen Charakter selbst noch zur Zeit des Kaiser Hadrianus behaupteten, oder man sieht in
ihnen ursprüngliche Gutturale, welche sich jedoch in der Römischen Periode in Vocalzeichen umzu-
setzen begannen. Für die letzte Meinung entschied sich ein ausgezeichneter Sprachforscher 3), al-
ein dergestalt, dass er die Bestimmung von ursprünglichen Gutturalen auf alle Hieroglyphen aus-
dehnte, welche von Champollion als Gleichlauter der Vocale bezeichnet worden waren. Der Beweis
dieser Behauptung kann theils aus inneren theil aus äusseren Gründen geführt werden. Un-
ter den inneren Gründen verstehen wir solche, welche aus der Aspirationslehre der in der Hie-
roglyphenschrift nieder gelegten Sprache, sei es der Koptischen, sei es irgend einer andern dafür

1) vgl. Gesenius Lehrgeb. d. Ilebr. Spr. p. 47. Stier Lehrgeb. d. Hbr. Spr. p. 76. Ewald Krit. Lehrgeb. d.
tfebr. Spr. p. 104. fgg. (Ew. giebt den Gutturalen mir die drei Vocale A, E, O, allein seine Gründe überzeugen mich
Dicht, vgl. Hupfeld gegen Ewald im Hermes l. I. p. 50. fgg.

2) So nannte schon Hieronymus die Gutturale N, PI, V Vocale (vgl. Gesenius Gesch. d. Ilebr. Spr. u. Sehr. p.
*9'-) und als in der neuem Zeit Barthelemy (s. Mein, de l'Acad. des lnscr. T. 26. p. 577. sqq.) zu der Entzifferung der
Palmyrenlschen Inschriften schritt, stellte er für N und V den Lautinhalt von A, E, I, O, Y auf.

3) Grotefend in d. Hall. Encycl. unter dem Art. H. p. 5. „Die ägyptische Hieroglyphenschrift bezeichnete, da sie
gleich der phönikisclien nur Mitlauter ins phonetische Alphabet aufnahm, die Vocale der Griechen mit denselben Cousonan-
teu, aus welchen die Griechen ihre Vocale gebildet hatten, das E demnach durch den Hauchlaut. Champollion hätte bei
seinen Entzifferungsversuchcn dieses sogleich bemerken sollen, da er in den Hieroglyphen die Vocale selten bezeichnet
fand; statt dessen lieferte er anfangs fast so viel Vocale als Consonanten, ohne zu ahnen, dass diese Vocale nur willkühr-
«Qh aufgegriffene Stellvertreter derselben sind, und namentlich der E-Laut nach Cbampollion's eigner Entzifferung im Na-
men des Kaiser Hadrianus als H erscheint. Als solcher Hauchlaut steht dieses Zeichen im persischen Xamen des Xerxes
Kh&fhharscha auf der in Paris befindlichen Vase, wodurch meine Entzifferung der Keilschrift buchstäblich bestätigt wird.
8,r' Martin Hess sich aber durch Cbampollion's Irrthum verleiten, das einem Franzosen unaussprechbare H für eiu E zu
halten und darnach fast allen übrigen Buchstaben des Keil-Alphabetes, die nicht durch die Namen Khschharcha und
üarheusch, oder durch den Namen des Hystaspes als gewiss gegeben waren, einen andern Gehalt zu geben.
"""" Das H bezeichnet die phonetische Hieroglyphenschrift den eben angeführten Bemerkungen zu Folge durch zwei
Gedern, bald links, bald rechts, bald gegen einander gekehrt. Diese scheinen demnach nur bedeutsame Ausmalungen der
beiden Hauptstriche in H zu sein: denn dass die Aegyptische Hieroglyphenschrift manche Buchstaben der phönikisclien ähn-
"ch malle, sieht man aus dem ägyptischen Sehne (Garten) mit drei Bäumen verglichen mit dem phönikisclien Sellin oder
hebräischen t£\ Gleich dem Griechischen, H wurde der Hauchlaut der Hieroglyphenschrift zugleich zur Bezeichnung des 17
,u,d 1 zu Folge des Itacismus benutzt; und so wie die Griechen das // in zwei Hälften theilen, tun die beiderlei Spiritus
a« unterscheiden: so findet man im Hieroglyphenalphabete nach Champolliou's Entzifferung die eine Feder für ein A, die
»ädere für ein 0, beide auch wohl für ein E gebraucht."
 
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