Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0548

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
494

System der Hieroglyphik

die hieroglyphischen Vocalzeichen für wirkliche Vocalbuchstaben ansieht, der wird der Hierogly-
phenschrift wenigstens zu Anfange der Wörter den unverkürzten Diphthong AU und EU in AU-
lokrQtJior, AUr(^eJli(^oJs, EUs(eJb?jS zugestehen müssen, wo das Semitische IN unter densel-
ben Verhältnissen die \rerkürzung beibehielt !). Ausnahmen dieser Schreibart für den Diphthong
AI machen sich in der Hieroglyphenschrift hin und wieder bemerkbar bei dem Worte fc^t^s(V)-
r(oJs, 1i%iV^sOOrC0Js; /^Nis'C'0''C°.)s=KaKa)r(o)s. Zwar treffen wir dieselbe Schreibart auch
in dem Syrischen r^l-o, allein erst in einer Zeit, wo die Defectiv-Schreibart der fremden Worter
schon eine Ausnahme von der Regel zu bilden begann, während umgekehrt die ausnahmsweise volle
Schreibung von AI in der Hieroglyphenschrift schon lahrhunderte voraus Statt fand. Durch diese
Vernachlässigung des A und E musste die Hieroglyphenschrift dem Verhältnisse der Wurzelhaftig-
keit in den fremden Wörtern auf das Empfindlichste zu nahe treten, wie wenn sie Caius=Gaius 2)
durch Kis (ob schon auch durch Kais) wiedergab. Doch ganz dieselbe Klage hat man über das
Semitische zu erheben, welches z. B. in dem °4 »^n.i für NmoIuitui (vgl. uoolLuJ Nmolaoq Act.
Ap. 6, 5.) das wurzelhafte u in ?.aog gleich wie oben in ^s^iio,, ou^jI^s (neben ^olbio) Menelaos
und in Cnaeus—Gnaeus tj»y^ das eben so stammhafte ae fallen liess. Derselbe Verstoss gegen
die Etymologie erneuert sich indess bei dem Ausschliessen der meisten anderen Griechischen und
Lateinischen Vocale, kann aber gegen die Richtigkeit der nach Champollion's Theorie entzifferten

Deut. Gram. I. p. 4(1. zu uuterselieideu von dem Diphthong du, wie in trauanr=ttiiueii, Iiaul/s==Jjß\tp) das Griechische o
wie in Apaustaulus=a7TooTo?.og, Hanau?—Boot, skaurpjono—nr.onnuDv, indem sie ihr o dem Griechischen m vorhehielten.
Allein nach Grimm war auch aü wirklicher Doppellaut. Vergleich! man die Gothischen Wörter auf au mit der Aussprache
des jetzigen Hochdeutschen, wie z. B. «u/i.v)i..y=0clise, cZ«h/i tar=Tochter, liaulm=hoch, ji«m/(=noch, ''"«»•«=Ilorn, Saurt/a
=Sorge, «rarrf=Wort; paurjiura=VaY\nw, ()aur<js=\\uvg, ilauro=T\mve, f'auhu=h\ichs, so findet man in ihnen als Grund-
vocal entweder ein kurzes o oder u. Spricht mau nun aü scharf und mit dem ganzen Gewicht des Tones auf u aus, so
entwickelt sich aus dem a ein kurzes, dumpfes o, welches wegen seiner grössern Helle deutlich vor dem u zu hören ist,
in Verbindung mit dem u aber zwischen dem kurzen ö und dem langen gedehnten o="> einen eignen Mitteltun bildet.
Daher schrieb auch das Althochdeutsche den Diphthong au der frühern Zeit späterhin geradezu ou (s. GitIMM l. I. p, 99.
und nicht zu verwundern ist es, dass hierbei das o eben wegen seiner grössern Helle das u völlig bei Seite schob, wie in
aip&kaupus (Goth.), piscouf, biscof (Althochdeutsch), liischo//' (Neuhochdeutsch)- Dasselbe Verdrängen des u von dem aus
a entstandenen o gewahrt man aber auch selbst da, wo das o sich nicht au der Form des ursprünglich hierher gehörenden
a vergriff, wie in dem Franz. au in Claude, Paule etc. und Ausnahmsweise im Englischen laurel, laüdanüm etc. In dem
Englischen au hat sich jedoch das u factisch meistens in das verwandte w umgesetzt, wie in tau</ht, etmgM=W/ft, käwt
■wo das a wieder in sein altes Recht eingesetzt und das w=w einem verhallenden Guttural gleichend, nur zur Lautdehnung
benutzt worden ist, eine Dehnung, die sich in Wörtern wiefluunt, f/auiitled,aunt etc. immer mehr verliert. Wie aber das Go-
thische dazu kam, das Griech. o durch den Doppellaut aü zu bezeichnen, werden wir tiefer unten zu erklären versuchen.

1) Das, was ich oben zu Gunsten des ($=o In KtQäiOOs gesagt habe, behält natürlich seine Anwendbarkeit nur
unter der Voraussetzung, dass die Hieroglyphen des A, E wirkliche Vocalbuchstaben und keine Gutturale waren. Zwar
könnte man mir erwiedern, dass bei dem häufigen Ausfallen der Vocale und namentlich des A, Ii in der Mitte der Wörter

das Auftreten des Q=(a)u statt «| , ^(2, ganz in der Ordnimg war. Allein unter obiger Voraussetzung

und bei der Annahme, dass die Aegypter Klaudios und nicht Klodios sprachen, bleibt es immer sehr auffallend, dass, während
man selbst A und E in der Mitte der Wörter, wie in Kleopatra, Berenike, oft genug setzte, während man ai wiederholt
ausschrieb, während mau in Nrouai selbst die Vocale oaai auf einander häufte und in 'jSemjiebs vielleicht eov wenigstens

aber ov durch . V/\V, ausdrückte, dass allen diesen leichteren Lauten gegenüber das viel schwerere au in 9 Vari-
anten von Kl(a)udi(oJx=Klodi(oJs auch nicht ein einziges Mal sein a erhielt, wie diess doch selbst im spätem Semit,
z. B. in U*2)jl»Cu .scaurus (II. Macch. 36.) geschah.

2) Auel. Epit. de nom. rat. Gaii dieli a gaudio pareutum. Mag an dieser Ableitung noch so wenig sein, so bleibt
doch das a liier immer wurzelhaft. Leber Gnaeus vergl. oben dieselb. Epit. p. 43t. no. 5.
 
Annotationen