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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0563

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von Champollion.

509

Irre ich nicht ganz, so springt das Nichtige dieses Einwurfes schon durch den Hinblick auf
die Etrurische Schrift deutlichst in die Augen.

ren, mochten sie mm auch seine Erfindung bald diesem bald jenem zuschreiben. — Die ersle Behauptung beschränke ich
zuvörderst dahin, dass das Y in seiner alten Form V (die Von der Münze des Amyntas bei Mostfaicon Palaeogr. Gr.
Ii. 121. ist Pebergang zu Y) nicht aus dem Semit. } genetisch zu entwickeln ist. Wird aber schon dadurch bewiesen,
dass das V nicht aus einem Semit. Buchstaben habe gebildet worden sein können? Keineswegs. Denn gesetzt, es hätten
die Griechen, als sie das Phöuik. Alphabet annahmen, an dem ) noch keine Vocalpotenz wahrgenommen (wie ich diess
auch glaube), so folgt daraus, dass sie aus dem 1 füglich nur einen Consonant, das Digamma F bilden konnten, ferner dass
sie für den in ihrer Sprache vorhandenen 0- und U-Laut zwei Schriftzeichen brauchten, wofern sie sich nicht für beide
Laute mit einem einzigen Zeichen begütigen wollten. Nehmen wir einmal an, sie hätten gleich vom Anfange an die beiden
Laute durch zwei Buchstaben auseinander halten wollen, so sieht mau zunächst, wie sie die oben geschlossene Form des
Phönikisch. ]} zu ihrem 0 nähmen und zweitens, wie sie die oben geöfTuete, sich in zwei Arme theilende Form desselben
jj5 welche in der Sicilianisch-Phönikischeu, Punisch-Xumidischen und Carpentrasischen Schrift üblich ist und sich von der
Palmyrenischen und Neuhebräischen vorzüglich durch -den Mangel des Schwanzes unterscheidet, zu ihrem U hätten ver-
wenden können. (Vgl. Kow Bild. u. Schrift, d. Yorz. II. p. 157. Gesenius Palaeoijr. Stud. Tab. V. VI. Hui'fei.d Scrip-
turae arabic. Origines in Ewald Gram. crit. Liug. Arab.~). Wer wollte aber behaupten, dass selbst in dem reinen Phö-
nikischen nicht eine dergleichen Form des jj habe vorhanden gewesen sein können? Allein ich glaube au diesen Vorgang
der Sache nicht, weil es dann am Natürlichsten gewesen wäre, diesses aus einer doppelten Form des y entwickelte 0 und

V in dem Alphabete neben einander zu stellen. Denselben Entwicklungsgang würde man aber beibehalten können, wenn
mau ihn nur unbestimmte Zeit nach der Annahme des Phönikischeu Alphabetes Statt finden Hesse. Hieraus würde sich am
Befriedigendsten erklären, wie das zunächst nachgeschaffene Y an das Ende des Phönikischen Alphabetes und zu Anfange
der später noch hinzu gefügten Buchstaben gestellt wurde. Diese Ansicht von der Entstehung des Y würde daher nur
noch eiueu Schritt über die Meinung älterer Gelehrten, eines Barthkmsmy s. Mein, de l> Acad. d. inscr. Tom. XXIII. p.
394. sq., Vili.Oison /. I., La.vzi l. I. I. p. 100. hinaus gehen , nach welcher das Y in seiner allen Form aus dem trian-
gelförinigen 0 in Fouhmont's Inscr. Amycl. (s. Boeckh Corp. Inscr. Gr. I. no. 45.) hervorgetreten wäre. Allein diese
Inschrift ist seit Boeck's Untersuchungen de spurüs Fourmontianis sehr im Credit gesunken und würde überhaupt, selbst
wenn sie ächt wäre, für unsern Fall nichts beweisen, indem man alsdann mit Boeckh?. f.p.72. annehmen könnte, dass daselbst nicht
ein mit dem O formell zusammenfallendes Ysondern für das Y ein 0=1 ähnlich wie in 6/ioioq=v/iowi stehe. Doch wozu be-
dürfen wir denn noch der Phöuiker? Besassen denn die Griechen nicht Erfindungsgabe genug, um das V gleich dem

V etc. ohne einen fremden Anhalt ausprägen zu können? Wir halten daher bloss fest, dass die Griechen sich in unbe-
kannter Zeit nach der Annahme des Phönik. Alphabetes das Y für den U-Laut schufen, indem es ihnen bei der feinen Unter- >
Scheidung, zu welcher sich ihr Geist schon frühzeitig erhob, anstössig sein musste, die Laute (), ö und U an ein
und dasselbe Schriftzeichen zu ketten. Dass aber jene unbekannte Zeit über Pythagoras hinaus liegt, geht nicht so wohl
aus den ältesten uus erhaltenen Inschriften, ob schon in ihnen insgesammt das Y vorkommt, als vielmehr aus dem oben
bezeichneten Vorhandensein des V iu der Etrurischen Schrift zur Genüge hervor. Wie aber kam denn das Y zu dem
Verdachte, einer der jüngeren Buchstaben des Griech. Alphabetes zu sein? Darüber erhalten wir vollkommenen Aufschluss
bei Isidor. Etgmol. I, 3. Oadmus Agenoris filius Graecas literas a Phoeuice in Graeciam XVII. primus attulit: -A, *»
J, E, Z, I, K, A, M, JY, 0, II, P, v, Y, (Ii (Es fehlt T). His Palamedes Troiano bello tres adjecit H, X, Ii. Post 1uem
Simonides iniles similiter tres alias adjecit. S, B, 'P. Yliteram Pythagoras Samius ad exemplum vitae humauae primus formavit,
cujus virgula subterior significat primaiu aetatem, incertam quippe et quae adhuc se neevitiis nec virtutibus dedit. Bivium an»
tem, quodsuperest,abadoIescentiaincipit: cujus dexterapars ardua est (vgl. die Form bei Montkaucox/. I. u. bei Boeckh Corp- Inscr.
Gr. I. no. 25.) sed ad vitam beatam tendensrsinistrafacilior.sedad labern interitumquededucens. De quasicait l'n's» s (Ä«MH,l5G.):

Et tibi quae Samios deduxit lltera ramos

Surgentem dextro monsiravit limite callem.
Isidor hält also das Yso gar für einen Kadmeischen Buchslaben und lässt ihn doch gleich darauf erst von Pythagoras gebildet werden.
Allein mansieht ohne mein Bemerken, dasser damit nur sagen will, Pythagoras habe dem altgriechischen Buchstaben V die neuere
Form Y, die Mutter des spätem Ygegeben. Mag nun Pythagoras diess wirklich gethau haben, oder mag man ihm die Umbildung des
Viu Y nur desswegen beigelegt haben, weil die Pythagoräer an diese Form eine mystische Deutung knüpften, genug mau sieht, wie
ein sehr alter Buchstabe in den Geruch eines neu erfundenen kommen konnte, indem man die Erfindung einer neuen Gestalt des-
selben mit dessen Erfindung überhaupt verwechselte und diese nun an einen der gefeierten Buchstabenerfinder anknüpfte.
Eben so ging es ja auch dem H. H=PI war ein uralter Buchstabe, H=>/ (Vocalbuchstabe) hingegen ein ziemlich junger,
dessen Einführung als Vocalliuchstaben man gewöhnlich dem Simonides beilegte, nährte übrigens jene Form von Pytha-
goras her, so würde man V schwerlich schon auf den älteren Attischen Monumenten wie z. II. auf d. Inscr. Nointel. (s. MONT-
kaucon Palaeogr. Gr. p. 135. Boeckh Corp.lnscr. Gr.\. no.l65.(01ymp.80, 3.) welche noch HOI EAr TOI 110AEMOI - - EN
'I'OINIKEI schreibt) in solcher Allgemeinheit angewendet finden. Wenn endlich BOUHIKR Dissert. de prisc. Gr. et Rom.
 
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