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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0564

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510

System der Hier oglyphik

Dass die Schrift der Etrurier, die bekanntlich schon vor Itonvs Gründung blüheten, wirklich
Griechisches Gepräge trägt und in einer sehr frühen Zeit von Griechenland aus nach Italien ver-
pflanzt wurde, hat erst unlängst einer der ausgezeichnetsten Alterthumsforscher ausgesprochen 1).
Zugegeben nun, dass die Etrurische Schrift, ältere und jüngere Buchstaben besass. zugegeben (was
mir jedoch die Zusammenstellung mit den Umbrern bei Plinius in Priscian unwahrscheinlich macht),
dass dieselbe gar keinen O-Laut gekannt habe, so muss doch umgekehrt schlechterdings eingeräumt
werden, dass das V zu den ältesten Buchstaben der Etrurier gehörte, indem sie ohne dasselbe gar
kein Schriftzeichen für den dunkeln Laut U, 0 gehabt haben würden. Wie sich nun einerseits aus
der Etrurischen Schrift das hohe Alter des Griechischen V unzweideutig hervor stellt, so erhellt
anderseits aus derselben Etrurischen Schrift, dass der eigentliche Laut des Y bei den älteren Grie-
chen nicht U, sondern U war. Denn wäre er Ü gewesen und hätte (was dann der Fall gewesen
sein müsste) der U-Laut eigentlich in dem Griechischen 0 gelegen, so würden die Etrurier, da es ihnen
nicht um den Buchstaben eines Ueberganges - (aroixsiov diuyoovJ) sondern eines Hauptlautes {azoi-
Xtiov) 'Mi thun war, das ihnen gleichfalls zur Auswahl vorliegende ältere 0 aufgenommen baben. Hätten
die Etrurier aber keines U, sondern eines 0 bedurft, so würden sie, da dieser Laut, wenigstens seit
der Zeit, wo ihm das Y gegenüber trat, den Grundton des Griechischen 0 bildet, dieses 0 und
nicht das V gewählt haben.

Allein, eben diese Aufstellung eines besondern U-Zeichens Y neben dem bisherigen altgriech-
ischen 0- und U-Zeichen 0 giebt uns den Hauptbeweis dafür, dass das Y selbst in dem Aeolism
nicht seinem wahren Charakter gemäss, sondern nur missbräuchlich habe 0 ausgesprochen worden
sein können, wenn diese Aussprache wirklich je Statt gefunden hat

Neben den Schriftzeichen 0 und U zeigen uns schon die ältesten Griechischen Inschriften
das I als einen entschieden selbständigen Vocalbuehstaben. Gleichwie im Hieroglyphischen und
Semitischen, so treffen wir auch im Griechischen das I gänzlich abgeneigt, den Träger eines andern
Lautes abzugeben. Wenn das 0 zugleich das Zeichen des U war, so stellt dagegen das I hier
Avie dort nur sich selbst dar. Hinsichtlich der dialektischen Verwechselung wehrte das I mit aller

lit. (bei Montfauc. I. l. p. 565.) gegen das Alter des Y Folgendes bemerkt: Sane, si prisca fiiit (Y), dici non polest,, qnam
ob rem 0 pro OY veteres perpetuo scripserint. Quo cerlissimo argumenta utitiir Westenius. Nee miuoris est niomenti
quod e XVI. anliquis Latinorum Jiteris nulla fuerit, quae im Y respouderet, iiti supra (p. 502.) probattun est. Quam tarnen
in confesso sit, totidem Latinos admisisse literas, quot veteres Graeci liabuere. —, so erklärt sich das 0=0Y theils dar-
aus, dass das V, welches sich als U noch lauge bei einzelnen Zweigen des Aeol. Stammes erhielt und welches einst die
Etrurier als U in der Griech. Schrift gefunden haben müssen, sehr frühzeitig in Ii überging, so dass das 0 und später das
OY wieder die Hauplträger des ü wurden, theils daraus, dass sich selbst neben dem V=U das ältere 0=U nie ganz hat
verdrängen lassen. Das im Bezug auf das Latein, von Bouh. Gesägte beruht indess auf einer gänzlichen Missverkenmmg
der allen Schriftdenkmähler dieses Volkes.

1) G. 0. Moetxeh in d. Art- Hetrurien d. Encycl. v- Ersch. u. Gr. p. 284. „Seit man die ältere Griechische
Schrift genauer kennen gelernt, unterliegt es keinem Zweifel, dass die etruskische eine Abart derselben ist, obgleich beide
in weiterm Kreise aus Phönikien stammen. Auch macht die Angabe, welche den Bakchiaden Demarat als Ueberbringer
nennet, die Schrift der Etrurier wenigstens nicht viel älter, als sie schon desswegen gewesen sein muss, weil die in Grie-
chenland zeitig abgekommene Schreibung von der Rechten zur Linken in Etrurien fast durchaus festgehalten worden ist."

2) Natürlich gehört nicht hierher die Krscheiuung, dass das Lateinische häufig o für das Griechische v (nox=>-ii|,
moIa=/n<^ etc.) s. Schneider Lot. Gr. I. 1>. 44.) und o für.od (wie z. B. in den Accus, pl.) setzt. Es sind diess Laut-
umwmidlungen, welche oft in den verschiedenen Stadien einer und derselben Sprache, wie in dem nur bemerkten Umsätze
des Latein. V 'n 0 vorkommen.
 
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