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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0606

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552

System der Hieroglyphik

dadurch zu der Vermuthung berechtigt, dass wohl diess S ein altes Eigenthum der Pluralnominative
sämmtliclier Ueclinationen gewesen sein möge, vornehmlich, da das S im Sanskrit das allgemeine
Nominativxeichen gen. masc. und femin. darstellt i). Die Verbindung dieser Casusendung IS mit
dem zum Stamme gehörenden A und 0 giebt uns für die erste und zweite Declin. die Formen a-is
und o-is, führt uns also zu den alten Aeolischen Plural-Accusativen der ersten und zweiten Declin.

Lakzi l. I. I. p- 308. leilet diese Nominative plnr. von einem Nominativ, sing. Minucies, Rufes, Mennes der driften De-
clin. ab und beruft sich desslialb auf Quescumqne für Quicumque. AHein der veraltete Plural Ques steht mit seinem Siugul.
Quis (vgl. So.su>. Charis. Just. Gr. I. p. 70. II. p. 132. 136.) in einem ganz natürlichen Zusammenhange, was sich von deu
drei obigen Namen keineswegs sagen lässt. — In demselben Beer, wird die gewöhnliche Form VITVKII, VEITVKH auch
VEITVRIES gesell rieben. Noch entschiedener ist das aus der Inscr. Cor. nach Lanzi angeführte DTOMVIRES=dMÄi>jrt
und EISDEM=2M«in. (Gruter p. CXXVIII. 7. ex Apiano hat diese Formen in DVOMVIR und EIDEMQVE umgeändert
ans einem von den älteren Herausgebern der Inscbr, öfters unrecht angebrachten Streben zum Berichtigen (vgl. Ghut. p. CL,
0. 7.). Fragm. Leg. Agr. Gruter p. CCII. QVEICOMQVE. POST. HAC. FACTEIS. EBVNT. Endlich weiden wir aber
auch über das Vorkommen dieser Nominative plur. 2. Declin. auf IS in der altern Latinität ausdrücklich belehrt von Pitis-
cian. XII. p. 948. Inveniuntur tarnen etiam uominativum pluralem hisce profereutes anliqui, ut .Tbrentius in Euntf. Hisce
Iioc munere arbltrantur suam Thaidem esse. In quo videritur euphoniae causa S interposuisse. Erscheint vielleicht dieses
Hisce in dem HISCE. FINIS. VIDENTVK. ESSE, des Decr. Genuat ? Da nun auch einerseits das E den oft bezeichne-
ten I-Lant führte, da selbst in unseren Nominativen EI und I abwechselt' und da anderseits das S ursprünglich den Charak-
ter des Nomnativ pl. bildete, so dürfte an dem Vorhandensein dieser allen, so wichtigen Nominativformen wohl nicht
länger zu zweifeln sein. Härtung Heb. d. Cas. p. 252. äusserte sich hierüber also: „Die erste und zweite Declin. Hes-
sen nach ihrer Weise das s fahren. Ein Zeugniss von seiner Existenz finde ich bei Nonius V, 11. S. 768. Pomp. Prae-
cone posteriore: quod laetitias insperatas modo mihi irrepsere in sinum. Duumvires (Inschr. Obblu no. 3808.) kann
wohl auch Metaplasmus sein. Gnarures Plaut. Mosteil. 95. Poen. Prot. 47. gehört zur dritten Declin."

1) Es ist nothwendig, dem Leser hier einen tiefern Blick in die .vergleichende Grammatik werfen zu lassen. „Mas-
culina und Feminina, sagt Bor-r- Vergl. Gram. §. 226. p. 261., „haben im Sanskr. as als Endung des Nom. plur., womit,
wie in den verwandten Sprachen, bei allen Declinationen der Vocativ identisch ist. Dieses as betrachte ich als eine
Erweiterung des siugularen Nominativzeichens ,v, so dass in dieser Erweiterung des Casussuffixes eine symbolische An-
deutung der Mehrheit liege; auch fehlt wie im Siugul. und Dual, so auch im Plural dem Neutrum das für dasselbe zu per-
sönliche s.-----Im Zend ist as nach §. 56. zu d geworden, oder zu as vor den Anhängc-Parlikeln ca und cd; das

Griechische zeigt e? unter Beschränkung von §■ 228., das Lateinische es mit unorganischer Länge, durch den Ein-
fluss des s; das Litlhauische hat es bei den Stämmen auf r, sonst aber blosses s. So entsprechen sich duhitar-as (Sanskr.)
dughdhar-as-ca (Zend), Ov/arcQsq, dukter-es, matr-es. §. 227. Mit einem vorhergehenden a des Stammes zerlliesst das
a der Eudung zu ä; so entspricht vrlcäs aus rr/;aJras dem Goth. vulßs aus VULFA«.s (§. 69.). Nur in dieser Ver-
wechselung mit dem Stammvocal hat jedoch das Gothische die vollständige Endung geschützt, sonst aber ist, so wohl an
vocalischen wie an consonautischeu Stämmen, vom alten as bloss s geblieben, wie überhaupt der Ausgang as in Goth.
mehrsylbigen Formen überall entweder zu is oder s geschwächt worden (§• 135. 191.); daher z. B. sunju-s ahman-s für
sunio^as, ahman-as. — Auch ä wird mit der Eudung as zu as zusammengezogen, daher gihväs für gihvä-as. Dem
Goth. gibus aus GIBO kann aber, wegen des eben gesagten, nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden, ob es ein blosses
s oder as (mit dem Stammvocal zu 6==a verwachsen) zur Casusbezeicliuung habe. §. 228. Die männlichen Pronomiual-
Stämrae auf a enthalten sich im Sanskr., Zend und Gothischen der vollen Nominativbezeichuuug und erweitern statt dessen
den Stamm durch ein beitretendes i, welches nach §. 2. mit dem stammhaften a zu (ai) e wird, wofür in Zend e oder
vi steht; daher z. ß. Skr. te, Z. te, Goth. thai, diese, gegenüber den weiblichen Formen täs, tdo, thds. Dem entspricht
im Griech. tot (Dorisch für o<). Es ist aber im Griech. und Latein, dieses, die Endung as ftff, es) praktisch ersetzende
i nicht bei den männlichen Prononünalstämmen auf o (= 5T « §• 116.) stehen geblieben, sondern alle anderen SlämuTe
der zweiten wie der ersten Declin. haben im Griech. und Lat. daran ein Beispiel genommen; daher Ivxoi, ym^ai für Xvy.o-eq,
•/(oqu-e,;, lupi aus lupoi) terrae (aus terrai) für lupo-es, terra-es. Die Lat. fünfte Declin., obwohl sie ihrem Ursprünge
nach mit der ersten identisch ist (§. 121.), hat die alte Endung geschützt, daher res und re-es wie im Skr. gihväs aus
gihvä-as. Das Litlhauische hat deu Missbrauch der in Kede stehenden Pronominalflexion, oder richtiger Flectionslosigkeit
engere Griinzeu gesetzt als das GriecJi. und Latein., es sagt zwar wilkai=).vxoi, lupi, aber nicht rankai sondern rankos.
Ehre daher dem Gothischenl dass es die alte Sanskritisch-Zendische Gränze in dieser Beziehung nicht um ein Haar breit
Überschritten hat; denn dass die adjectiven «-Stämme, weil sie überhaupt der Prouoniiualdeclination folgen, auch ai se-
tzen für ös U'liiulai coeci) ist darum keine Verletzung des alten Gesetzes." — Vgl. Vocali'nms p. 92. und Pott Etymo-
log. Forschungen II. p. 630. fgg.
 
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