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Schwartze, Moritz Gotthilf
Das alte Aegypten oder Sprache, Geschichte, Religion und Verfassung des alten Aegyptens: nach den altägyptischen Original-Schriften und den Mittheilungen der nichtägyptischen alten Schriftsteller (Band 1) — Leipzig, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.17156#0612

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558

System der Hieroglyphik

IS und EIS bilden. Doch wie verdächtig zeigt sich diese Regel, wenn wir von einzelnen Gram-
matikern einer Menge Wörter aus bewährten alten Schriftstellern den Abi. sing, auf I zuerkannt
sehen, denen die Mehrzahl der Grammatiker nur die Form auf E beilegt, und wie haltlos zeigt sich
diese Regel, wenn wir in den älteren urkundlichen Texten wie z. B. in den Scipionischen Inschrif-
ten und in den Gesetztafeln, deren Sprache wir wohl zum Theil veraltet, schlechterdings aber nicht
gemein nennen dürfen, nicht bloss dieselben Wörter mit dem Ablat. auf I wieder treffen, sondern
auch solche, bei denen die Formation auf I laut den Grammatikern unerhört oder geradezu sprach-
widrig ist, wie z. B. in dem COXVE.YTIOM des SC. de Bacch., so wie in dem PORTION! und
CORPORI (vgl. das alte iempori, tempert) der Gesetztafeln bei Mazochi *). Priscian zum Trotz
hat sich daher VIRTVTE1, FONTE1, VRBEI erhalten, und wenn wir virlulium auch nur bei dem
späten Ausonius lesen, so müsste doch Priscian zugestehen, dass es von den Lateinern der Sci-
pionischen Zeit auf diese Weise habe gebildet werden müssen. Wenn wir dann ferner auch ein
forcipium und principium nicht in Anschlag bringen wollten 3), so finden wir doch auf den, unter
öffentlicher Auctorität verfassten Inschriften die Accus, pl. CONSVLIS und MVNICIP1S, MVNI-
CIPEIS 3), deren Bildung ja einen Genitiv pl. auf ium voraussetzen sollte, einen Genitiv, welchen
in der That dieselbe Inschrift, der wir das MVJVTCIPIS verdanken, überliefert 4). Da nun, wie
Schneider selbst bemerkt, die Zahl der Wörter, welche den Ablativ auf I bilden, um so grösser
wird, je weiter man in die ältere Latinität zurück geht, während umgekehrt der Ablativ auf E um
so häufiger wird, je tiefer man in die spätere Latinität herab steigt, wesshalb denn auch der Un-

1) Inscr. Sei/). QVEI N.VNQVAM VICTVS EST VIRTVTEI., Beer. Genuat. v. 6. AB. FONTEI. v. 12. AB. FÖNTE.,
Big. Lei/. Rom. ed. Mazochi II. v. 25. QVA. IN PARTEI, v. 27. IN EA PARTEI, v, 30. IN QVA. PARTE., v. ö4. QVEI.
ROMAE. AVT. VRI1EI. ROMAE. PVBLICE. FEIENT., v. 38. PRO PORTIONI., VIII, 48. QVEIVE. CORPOIU. QVAESTVM.
FECIT., SC. de Bacch. IN. CONVENTIONID., Fragm. Leg. Agr. Gh. p. CCII. AB. EO. HEREDIVE. EIVS. IS. AG ER.
LOCVS. TESTAMENTO. I1EREDITATI. DETITI0N1VE. OBVENIT. Vgl. die ans den alten Schriftstellern gesammelten
Beispiele bei Schneide« Formenlehre p. 227. fgg. so wie auch die ibid. p. 235. von Sanctius ans den Pandecten entnom-
menen Ablative: a/pnitati, Cpnditioni, ferruminationi, institulioni , petitioni, promissioni, doli, muneri. Diese Ablative
beurkunden wohl, wie ich oben bemerkt habe, eine veraltete Sprache, wie denn die Gerichtssprache aller Länder, welche
•■ich einer alten oder selbst uralten Gesetzgebung erfreuen, eine Menge veralteter Wörter und Formen enthält, mit Nich-
ten aber eine „Vulgarsprache", wie sich Schneider ausdrückte.

2) Schneider Formenl. p. 246. „In dem von Chams, angeführten Bruchstücke des Lucilius scheint die richtige
Lesart zu sein: scalprorum forcipiumqne Millia viginti statt foreipum. Ob die Form principium, welche sich zuweilen
als Variante neben prineipum findet, in einigen Stellen haltbar sei, bleibt dahin gestellt; am wenigsten möchte sie bei Cic.
Verr. Act. 2, Hb- 4, 64. §. 143. z„ vertheidigen sein. Vgl. besonders Drakenb. ad. Liv. 2. 27, 12." Man höre auch
Mazochi ad. Diy. Leg. Rom. p. 4SI.: Vide Voss, in IV. de Ar. gr. 14, ubi lustiuum 1. I. scripsisse patrio casu Princi-
pium pro Prineipum, imo et Liclnium similiter locutum, auetore Cujacio, obser.vat, quo modo aes uostrum minime errasse
dicemus, ubi v. 71. Municiplum pro Municipum usurpavit.

3) Tab. Ancyr. HL ed. Grut. p. CCXXXI. ANNVM. V. ET. X. AGENTIS. CONSVLIS DESIGNAVIT. Big. Leg.
Rom. ed. Maz. XII, 86. AD EAS. LEGES. MVNIC1PIEIS (1. munieipeis). FVNDANOS. ITEM. TENETO. v. 89. OVO VE
M1NVS. MVNICIPIS. FVNDANOS. TENEAT. — Zu den von den späteren Grammatikern nicht gekannten Fällen würde
auch das EXTRA. AVCTORITATEIS. bei Fabretti p. 673. zu ziehen sein, wenn nicht, wie die gauze Inschrift überhaupt,
so das letztere Wort insbesondere dem Verdachte der ünächtheit unterläge. — Wie eigensinnig der Sprachgebrauch spä-
terhin herrschte, zeigt Varro d. L. L. VII, 38. Quid potest similius esse quam mens, dem, yens,? cum horum casus
patricus et accusandei in multitudine sint dispariles. Nam a primo fit yentium et genteis, utrobique ut Sit I: a seeuudo
tnentium et mentes, ut in priore solo sit I (und doch hatte Exnius noch mentis im Nom. sing, gebraucht): a tertio dentwn
etdentes,utinaautrositl. Dass sich jedoch nicht alle diesem Zwange fügten, zeigen oben p. 554,2. Vai.er. Probus u. Conskntius.

4) Big. Leg. Rom, ea\. Maz. XI. v. 79. OMNIVM. MVNICIPIVM. COLONORVM. SVORVM.--CENSVM AGVNTO.
 
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